Dokument-Nr. 3866
Kirchhoff, Arthur
: Die internationale Arbeiterschaft vereinigt sich, um in eigener Regie Rußland wieder aufzubauen!. Berlin-Halensee, vor dem 24. September 1920
Ungeheure Gebiete Europas sind verwüstet und von der Produktion ausgeschaltet. Rußland, der Getreide- und Rohstoff-Lieferant Europas hat nach russischen Quellen nur den zehnten Teil seiner Ackerfläche angebaut. Selbst wenn diese Mitteilungen übertrieben sein sollten, das eine ist doch sicher: die russische Landwirtschaft liegt schwer danieder. Es fehlt den russischen Bauern
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an den notwendigsten Geräten und der wertlose russische Papierrubel ist kein Anreiz für ihn zur Produktion. Die Gewaltrequisitionen der Volkskommissare haben ihn zur passiven Resistenz getrieben. Die großen Güter aber sind als landwirtschaftliche Großbetriebe zerstört, sie müssen erst wieder aufgebaut werden. Der Viehbestand Rußlands ist auf 20 % zurückgegangen. Europa kann aber aus dem Hunger nicht herauskommen, solange die "Kornkammer Rußland" ihm nicht wieder Getreide liefert.2 Denn die von den imperialistisch-kapitalistischen Staaten der Welt kontrollierten Überseegebiete versagen dem hungernden Europa mitleidlos ihre Hilfe. Das russische Verkehrswesen ist zerstört, die russische Industrie so gut wie vernichtet. Dabei sind viele hunderttausende Industrie-Arbeiter Europas arbeitslos. Bleiben die Zustände so wie sie sind, dann werden wir in Europa <bald>3 Millionen Arbeitslose haben. Durch den Mangel an Nahrungsmitteln ist eine ungeheure Preissteigerung eingetreten, die auf alle Rohstoffe und Industrie-Produkte übergegangen ist und die für Millionen Menschen den langsamen Hungertod bedeutet.
Am 9. November <1920>4 sind es zwei Jahre, dass der Waffenstillstand abgeschlossen wurde. Die Stupidität der Regierenden läßt die Völker nicht wieder lebensfähig werden.
Wenn die Regierenden keinen Ausweg aus dem hoffnungslosen Kreis des Wahnsinns finden, in den sie ihre Völker durch ihre unersättliche Machtgier und Habsucht geführt haben, dann müssen die Völker ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Die Arbeiterschaft Europas und Amerikas muß sich zusammenschließen mit der Parole:
Die Industrie-Arbeiter der Welt machen von jetzt ab täglich zwei Überstunden in eigener Regie zum Wiederaufbau Rußlands!
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Sie stellen damit den Frieden mit Rußland wieder her, sie, die Arbeitenden der Welt! <und lösen damit gleichzeitig restlos das "Arbeitslosen-Problem".>5
Sie, die jüngste, aber gewaltigste Großmacht der Erde, macht damit aus eigener Machtvollkommenheit den ersten Schritt zur Verwirklichung des Völkerbundes, den die Heuchelei der Regierenden zur Hanswurstiade werden ließ.
Aber der Wiederaufbau Rußlands muß nach einer unter universellen Gesichtspunkten angelegten internationalen Planwirtschaft erfolgen. Jedes Land, jedes Volksmuß das zum Wiederaufbau Rußlands liefern, wozu es ein Optimum der Produktionsbedingungen besitzt.
Hier ist der internationalen Arbeiterschaft zum ersten Male eine reale Aufgabe von überwältigendem Reiz und von weltgeschichtlicher Bedeutung gestellt.
Die Parole: Wiederaufbau Rußlands! Des Rußlands, von dem die geistig-sittliche Wiedergeburt der Menschheit ihren Ausgang genommen hat, wie wahnsinnig sich auch der Bolschewismus in seinem Anfangsstadium, solange die Massen sich führerlos fühlten, gebärdet haben mag. Diese Parole muß zündend auf die ganze Arbeiterschaft der Erde wirken.
Es ist ihr Rußland, das sie wieder aufbauen!
Ich habe vor wenigen Tagen einen Arbeiter bei mir gehabt, der mit ergeben ist und absolut verschwiegen. Ich habe ihm den Plan auseinandergesetzt. Er sagte mir, für den Wiederaufbau Rußlands wollen wir nicht nur 10 Stunden, wir wollen für diese Aufgabe auch 12 Stunden arbeiten. Alles wollen wir tun, wenn wir nur erst wissen, dass es einen Zweck hat zu arbeiten. Dass wir durch unsere Arbeit aus diesem hoffnungslosen Zustand herauskommen, in dem wir leben.
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Aber die Arbeiter haben tiefen Hass gegen den Kapitalismus, gegen das Unternehmertum. Sie werden die Überstunden für Russland nur dann leisten, wenn ihnen Sicherheiten geboten werden, dass diese Überstunden nicht von dem Privat-Kapitalismus ausgenutzt werden, dass sie nicht dem Kapitalismus zugute kommen. Deshalb mein Vorschlag: Die internationale Arbeiterschaft macht diese zwei Überstunden in eigener Regie!
Die erste, wichtigste Aufgabe für die Verwirklichung des Planes ist, die riesigen Kapitalien zu schaffen, die notwendig sind für den Ankauf der Rohstoffe, um die zwei Überstunden in eigener Regie arbeiten zu können und für den Ankauf hochwertiger Nahrungsmittel, die es den Arbeitern der hungernden Länder ermöglichen, diese erhöhte Arbeit zu leisten. Der Krieg hat der Menschheit hart und klar zum Bewußtsein gebracht, dass noch kostbarer als Gold, Arbeitswerte sind. Die feierliche Erklärung der Arbeiterschaft der Welt, von jetzt ab zwei Arbeitsüberstunden zu leisten, bedeutet, dass mit einem Schlage durch diesen erhöhten Arbeitswillen, neue Milliardenwerte gesichert sind. Diese Milliardenwerte müssen als Unterlagen dienen für die Ausgabe von
Schatzscheinen der Arbeit,
deren Kurs auf Goldwert gestellt wird. Ihre Erklärung geben die Arbeiter durch ihre offiziell anerkannten Organisationen, die Gewerkschaften. Ausgegeben werden die "Schatzscheine der Arbeit" durch ein
Internationales Zentral-Kredit-Institut,
das den gesamten Geldverkehr zwischen der Arbeiterschaft der Welt, den Lieferanten der Nahrungsmittel und Rohstoffe und den Käufern der Fertigfabrikate regelt. Diesem Internationalen Zentral-Kredit-Institut wird eine Internationale Ein- und Verkaufsgesellschaft angegliedert, über die buchmäßig alle Einkäufe gehen und alle Ver-
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käufe, die für die ganze Organisation notwendig sind. Es wird sofort eine internationale Studiengesellschaft aus ersten Sachverständigen zusammengestellt, in der Ingenieure, Werkmeister und Arbeiter vertreten sind. Diese Studiengesellschaft muß in Rußland an Ort und Stelle feststellen, was in diesem hilfshungrigen Lande von allem Notwendigem das Notwendigste ist. Gleichzeitig muß bei der Aufstellung des Arbeits-Programms für den Wiederaufbau Rußlands darauf Rücksicht genommen werden, welches die dringendsten Bedürfnisse der in Not geratenen Länder Europas sind, die sich an dem Wiederaufbau Rußlands beteiligen. Der Wiederaufbau Rußlands muß dann unter Gesichtspunkten erfolgen, die es ermöglichen, schnellstens den Nahrungsmittel- und Rohstoff-Hunger der durch den Krieg verarmten Länder zu befriedigen.6
Gleichzeitig muß eine Kommission aus ersten landwirtschaftlichen Sachverständigen in den verschiedenen Teilen Rußlands und Sibiriens feststellen, unter welchen Voraussetzungen die russische Landwirtschaft so schnell wie möglich zu Höchstproduktionen kommen kann. Die Zusammenstellung dieser Kommission ist noch dringender als die der industriellen Studienkommissionen, weil sie möglichst vor Einbruch des Winters an Ort und Stelle eintreffen muß.
Dringend wünschenswert ist es, dass die internationale Arbeiterschaft auch die gesundheitlichen Verhältnisse Rußlands schnellstens studieren läßt, da von der Volksgesundheit die Arbeitsfähigkeit des Volkes abhängt. Die internationale Arbeiterschaft wird daher veranlassen müssen, dass sich ihr eine Internationale Ärztekommission anschließt, die feststellt, was vom gesundheitlichen und
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hygienischen Standpunkt aus getan werden muß, um die schlimmsten Leiden von der Bevölkerung Rußlands zu nehmen und Sicherheiten zu schaffen, dass dieser Winter nicht noch größere Leiden über das schwer erschöpfte Volk bringt als der vergangene. Dazu gehört in erster Linie, dass dafür gesorgt wird, dass genügend Krankenpflege-Personal, Medikamente und Krankenpflege-Artikel, außerdem hochwertige Nahrungsmittel für Schwerkranke schnellstens nach Rußland gebracht werden. Vorschläge dafür hat die Internationale Ärzte-Kommission zu machen.Die Arbeiterschaft der Welt hat "Schatzscheine der Arbeit" geschaffen, die als mit Gold gedeckt, gelten. Rußland bezahlt die ihm von der internationalen Arbeiterschaft gelieferten Fabrikate mit Russischen Schatzscheinen, für die es im Friedensvertrag von London in den Verhandlungen mit den Alliierten sich Garantien schaffen muß, dahin gehend, dass diese neuen Russischen Schatzscheine vor allen übrigen Zahlungsverpflichtungen Rußlands Geltung haben.
Diese neuen Russischen Schatzscheine werden durch die gesamten Bodenschätze des russischen Reiches und durch den ungeheuren Waldbestand des Landes sichergestellt. Man hat oft davon gesprochen, dass das kommunistische Rußland, das der erklärte Feind des Privatkapitals ist, in seinen Zahlungsverpflichtungen den kapitalistischen Ländern gegenüber eventuell kontraktbrüchig werden könnte, wie es sich gegenüber dem kapitalistischen Frankreich weigert, die Schuldverpflichtungen des zaristischen Rußland anzuerkennen.
Dass Rußland den Arbeitern der Welt gegenüber seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, ist vollständig ausgeschlossen.
In dem Maße, in dem die neuen Schatzscheine Rußlands bei dem Internationalen Zentral-Kredit-Institut eingehen, werden von
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diesem Schatzscheine der Arbeit eingezogen, um zu vermeiden, dass der internationale Markt mit neuen Zahlungsmitteln überschwemmt wird. Beginnt Rußland mit den Lieferungen von Rohstoffen und Nahrungsmitteln, dann werden diese von dem Internationalen Zentral-Kredit-Institut mit den russischen Schatzscheinen bezahlt, die also allmählich wieder nach Rußland zurückwandern. Damit wäre eine Forderung der sozialistischen Wirtschaft erfüllt.An Stelle des Geldes ist Güteraustausch getreten!
Der erhöhte Arbeitswille der internationalen Arbeiterschaft hat vorübergehend "Schatzscheine der Arbeit" geschaffen. Diese werden in dem Maße eingezogen, in dem russische Schatzscheine für die Fertigfabrikate ausgegeben werden. Auch diese Russischen Schatzscheine zieht Rußland zurück, um als Gegenwert Rohstoffe und Nahrungsmittel zu liefern.
Die Verwirklichung des Planes muß eine außerordentliche Belebung des ganzen internationalen Marktes zur Folge haben. 7
In den verschiedensten Teilen der Welt, namentlich in den Überseegebieten, sind ungeheure Mengen Rohstoffe und Nahrungsmittel aufgestapelt. <Ein Viertel der ganzen vorjährigen Weizen-Ernte liegt noch heute in den Vereinigten Staaten, 25 Millionen Büschel à 27 Kilo.>8 Die Hungerländer Europas können sie nicht kaufen, weil ihr Geld zu sehr entwertet ist und weil blinder Hass und Habsucht ihnen den nötigen Kredit verweigern.
Mit den Schatzscheinen der Arbeit können diese Riesenlager unbenutzter Rohstoffe und Nahrungsmittel <in den lebendigen Kreislauf> 9 des internationalen Lebens eingeschaltet werden, was automatisch eine Preissenkung für Nahrungsmittel, Rohstoffe und Fabrikate auf dem inter-
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nationalen Markt herbeiführen muß.Der Wiederaufbau Rußlands würde, ausgeführt durch die vereinigten Arbeiter der Welt, zehnmal schneller vor sich gehen, als wenn Rußland aus sich heraus und durch den allmählichen Import ausländischer Fabrikate und ausländischer gelernter Industrie-Arbeiter sich aufbaut.
Die Stärkung Rußlands bedeutet gleichzeitig eine ungeheure Erhöhung seines Einflusses auf die Völker Asiens.
Allmählich wird sich unter der Führung Rußlands und der Türkei ein ungeheurer Zusammenschluß vollziehen aller unterdrückten Völker der Erde gegen den Imperialismus der Welt, dessen unersättliche Machtgier die Völker in immer neue Katastrophen treibt. Gegen den Monopol-Kapitalismus und das brutale aussaugende Händlertum. Damit würde einer ehrlichen Völkerverbrüderung und für einen Sieg der sozialistischen Wirtschaft freie Bahn geschaffen, einer neuen Gesellschaftsordnung, in deren Mittelpunkt die Fürsorge für alle ehrlich Arbeitenden der Welt steht. 10
Durch diesen Process [sic] werden auch die neutralen Staaten ungeheure Vorteile haben. Die Stagnation in ihrem Wirtschaftsleben, dadurch verursacht, dass ihr Geld zu hochwertig, das Geld vieler Länder Europas zu wertlos geworden ist, wird damit beseitigt. Neues Leben wird in den internationalen Wirtschaftsverkehr kommen.
Es ist mit Bestimmtheit zu erwarten, dass die Arbeiter Deutschlands, <Italiens>11, Deutsch-Österreichs, aller slavischer Länder, die Arbeiter der neutralen Staaten, auf die Parole: "Wiederaufbau Rußlands in eigener Regier" mit Freuden eingehen werden. Aber auch die Arbeiter Englands werden diesen Gedanken mit großer Sympathie aufnehmen. Wenn sie auch
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eine Umwälzung wie sie der Bolschewismus in Rußland gebracht hat für England ablehnen, weil sie wissen, dass eine Zerstörung der Industrie Englands die Vernichtung des Landes bedeuten würde, so wünschen sie doch, dass Rußland, mit dessen freiheitlichen Ideen sie lebhaft sympathisieren, wieder lebensfähig gemacht, wieder aufgebaut wird. Sie wünschen schon aus egoistischen Gründen ein Rußland, das wieder aufnahmefähig ist für englische Arbeitsprodukte und das sich wieder des Welthandelsstaates England als Vermittler für den Verkauf seiner Landesprodukte bedient. Augenblicklich nimmt die Arbeitslosigkeit in der englischen Textil-Industrie immer mehr zu, weil der größere Teil Europas seine Kaufkraft verloren hat.12
Der amerikanische Arbeiter ist noch schlecht organisiert. Diese Hochburg des rücksichtslos ausbeutenden Kapitalismus hat den Arbeiter noch mehr in der Gewalt, als der Kapitalismus irgend eines Landes in Europa. Trotzdem wird auch der amerikanische Arbeiter der Suggestion unterliegen, das zu tun, was die Arbeiter der ganzen Welt tun, für ein Land, von dem aus sich eine neue Gesellschafts-Ordnung für die ganze internationale Welt anbahnt, nach der auch sein Sehnen geht. Gibt es doch kein Land der Erde, in dem der Arbeiter von dem Kapitalismus so brutal, so herzlos ausgebeutet wird, wie in den Vereinigten Staaten von Amerika. Für die gewerkschaftlich noch schlecht organisierten Länder, also auch für die Vereinigten Staaten von Amerika, wird die Aufgabe: "Wiederaufbau Rußlands in eigener Regie durch die internationale Arbeiterschaft" eine ausgezeichnete Gelegenheit bieten, ihre Organisation auszubauen, zu befestigen und damit die Macht der vereinigten Kopf- und Handarbeiter ungeheuer zu erhöhen.13
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Mit der Parole:
Die Arbeiter der Welt schließen sich zusammen zum Wiederaufbau R ußlands unter eigener Regier" ist eine reale Aufgabe von ungeheurem suggestiven Reiz gegeben, die zum ersten Male das verwirklichen wird, was bisher nur auf dem Papier gestanden hat: den Zusammenschluß des internationalen Proletariats: mit all' den unabsehbaren Entwicklungsmöglichkeiten, die er in sich birgt.
Dadurch, dass die Gewerkschaften zum Träger dieser schöpferischen Teil-Sozialisierung14 werden, wird ihre, von den Radikalen bedrohte Macht wieder befestigt, ja weit über die Machtstellung erhöht, die sie jemals besessen haben.
Es wurde vorhin nur flüchtig der Gedanke gestreift, dass die Arbeiter die zwei Stunden in eigener Regie arbeiten. Der Lohn dafür wird ihnen in "Schatzscheinen der Arbeit", d. h. in Goldwährung gutgeschrieben. Aus dem Ertrag dieser zwei Überstunden werden die Arbeiter der internationalen Welt 10 Prozent zur Verfügung stellen zur Rettung der Hungerkinder Europas, ohne Unterschied der Nationalität, der sozialen Stellung der Eltern und der Konfession. 15 Die englische Delegation auf dem internationalen Sozialisten-Kongress in Genf hat beschlossen, die Regierenden Europas aufzufordern, Mittel zur Schaffung von Einrichtungen und zum Ausbau der vorhandenen Einrichtungen bereit zu stellen für die Rettung der durch Unterernährung bedrohten Kinder Europas. Auch die englische Delegation fordert eine Verwendung ohne Rücksicht auf Nationalität, Gesellschaftsklasse und Religion. Geht die internationale Arbeiterschaft in dieser Angelegenheit mit gutem Beispiel voraus, beschließt sie nur für ein Jahr 10% aus dem
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Ertrag ihrer Arbeits-Überstunden für die Rettung der Hungerkinder zur Verfügung stellen, dann hat sie sich damit nicht nur ein ungeheuer moralisches Konto in allen S chichten aller Länder geschaffen, sie hat auch die Regierenden und die Besitzenden aller Länder in eine moralische Zwangslage gebracht, das große Menschheitswerk großzügig zu vollenden, den Rest der Gelder zur Verfügung zu stellen, die notwendig sind die Hungerkinder Europas zu retten, diese unschuldigsten Opf er des wahnsinnigen Krieges.
Aus dem Ertrag der zwei Überstunden werden den Arbeitern der notleidenden Länder Europas vorerst billige, hochwertige Nahrungsmittel geschafft, außerdem lebenswichtige Bedarfartikel, Kleider, Wäsche, Schuhe. Zu diesem Zwecke werden Einkaufszentralen in den verschiedenen Ländern errichtet, die unter Ausschaltung alles unnützen Zwischenhandels, aber durch erste Sachverständige geleitet, die eingekauften Waren auf schnellstem Wege an die Zentralverteilungsstellen der einzelnen Länder heranbringen, die zu diesem Zweck ihre Konsumgenossenschaften schnellstens großzügig ausbauen und unter die Leitung erstklassiger Sachverständiger stellen müssen, die der neuen Riesenaufgabe gewachsen sind. Darüber hinaus sollen die Gelder, die die Überstunden erbringen, dazu verwandt werden, in systematischer Weise
eine Entproletarisierung der arbeitenden Massen der Welt 16
herbeizuführen. Dieses Problem aller Probleme für die Proletarier der Welt zu lösen [sic]. Dazu gehört in allererster Linie, dass um die Industrie-Städte herum breite Siedlungsgürtel geschaffen werden, die jedem Arbeiter sein eigenes Heim, seinen Obst- und Gemüsegarten und Kleintierzucht geben. Wo die wucherische Bodenspekulation die Bodenpreise um die Großstädte schon zu sehr hinaufgetrieben hat, müssen durch
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lokal-radiale Schnellbahnen Gelände erschlossen werden, die der großstädtischen Bodenspekulation noch nicht zum Opfer gefallen sind. Wo der Bodenwucher unüberwindliche Schwierigkeiten macht, muß Enteignung17 eintreten. In dem öden, freudlosen Steinmeer der Industrie-Städte, in denen sie von habsüchtigen Boden-Spekulanten selbst um Licht, Luft und Sonne bestohlen wurden, haben die breiten Massen jeden Kontakt mit der immer wieder beglückenden Natur verloren. Ihr Seelenleben ist verkümmert, ihr Geist ist verbittert in dem hoffnungslosen Proletarierdasein, in dem das Leben jeden tieferen Sinn für sie verloren hat.18
Hier ist für die Gewerkschaften der einzelnen Länder eine Aufgabe von alles überragender Bedeutung gegeben. Diese Siedlungen müssen lebendige Organismen werden, die alle Mängel der bisherigen Siedlungen und durch eine glänzende Organisation, Fehlschläge vermeiden. Hier ist Gelegenheit gegeben, den arbeitenden Massen für ihre bisherige seelenlose, mechanische, freudlose Arbeit ein Gegengewicht zu schaffen, in einem ländlichen Eigenheim mit dem den Arbeiter bald tausendfache unsichtbare Fäden verknüpfen werden. Dieses ländliche Eigenheim wird nicht nur für die Hygiene des Geistes und der Seele von unschätzbarem Wert sein. Denn der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein. Auch sein Geist und seine Seele verlangen nach Nahrung.
Darüber hinaus soll aus dem Erträgnis der Überstunden dem Arbeiter durch eine riesige internationale Versicherungs -Organisation, die er in eigene Verwaltung nimmt, eine Alters-, Invaliden-, Witwen- und Waisen-Versorgung gegeben werden. Dieses wird ihm einen ruhigen Lebensabend
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Sicher und eine ruhige Sterbestunde, weil er nicht mehr zu sorgen braucht, was aus seiner Frau und seinen Kindern wird, wenn er abberufen wird. Hier ist den Arbeitern Gelegenheit gegeben, durch den großzügigen Ausbau einer internationalen Verwaltungs-Organisation all dem vertrottelten Büreaukratismus aus dem Wege zu gehen, den sie bisher mit Recht so leidenschafltich in den bestehenden amtlichen Organisationen bekämpft haben. Hier ist gleichzeitig Gelegenheit gegeben, die Sozialisierung der Versicherungs-Anstalten in die Wege zu leiten, diesen vielfachen Milliardenobjektes, das Mitteilungen der Eingeweihten nach, nur rund 60 Prozent von den ungeheuren Summen, die die Versicherten als Prämie einzahlen, an diese zur Auszahlung bringt. Diese zwei Überstunden in ei gener Regie werden für die internationale Arbeiterschaft ein Schule von außerordentlicher Bedeutung sein. Durch sie wird die Arbeiterschaft erst für die ungeheure Aufgabe der Sozialisierung der Betriebe vorbereitet und erzogen. Die internationale Arbeiterschaft würde in ihrer heutigen Verfassung nicht in der Lage sein, ohne schwerere Erschütterungen des internationalen Wirtschaftslebens von heute auf Morgen die Riesen-Aufgabe zu bewältigen, die zum Teil ungeheuer komplizierten Betriebe der Industrie und des Handels in eigener Regie zu nehmen.19 Mit dem heuchlerischen Schlagwort: "Vorbereitende Studien zur Sozialisierung" mit denen sie die Regierenden und der Kapitalismus an der Nase herumführen, dürfen die Arbeiter sich nicht länger zufrieden geben, sie dürfen sich aber auch nicht Aufgaben stellen, denen sie nicht gewachsen sind, mit denen sie bankrott machen würden. Das ist ein Akt der Klugheit gegenüber ihren eigenen Interessen, eine sittliche Forderung gegenüber der Allgemeinheit. Mit den zwei Überstunden in eigener Regie wird eine ehrliche Teilsozialisierung in
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die Wege geleitet, die schon so ungeheure Aufgaben stellt, dass die internationale Arbeiterschaft augenblicklich mehr doch nicht leisten könnte und die freie Bahn schafft für einen allmählich fortschreitenden Sozialisierungspro c ess <und den notwendigen Prozeß der AusIch habe mit Absicht nur von dem Wiederaufbau Rußlands gesprochen, denn schon das ist eine so ungeheure Aufgabe, dass sie für Jahre die Arbeiterschaft Europas und Amerikas für ihre "Überstunden in eigener Regie" restlos in Anspruch nehmen wird. Ganz besonders, wenn sich die internationale Arbeiterschaft die Aufgabe stellt, zugleich mit diesem Aufbau Rußlands die Ausbeute der ungeheuren russischen Bodenschätze im Interesse der Menschheitsgemeinschaft systematisch zu organisieren. In die Montan-Industrie Rußlands die modernen Betriebsmethoden einzuführen und die Landwirtschaft Rußlands zu modernisieren und zu intensivieren, womit die Nahrungsmittel-Produktion Rußlands eine ungeheure Steigerung gegenüber seiner Friedensproduktion erfahren kann.20 Für dieses ungeheuerliche Problem, eine Riesenaufgabe für viele Jahrzehnte würden die Kräfte selbst einen wiedererstarkten Deutschland nicht ausreichen. Es könnte nur durch die Arbeit der vereinigten Arbeiter der Welt gelöst werden.21
Der Wiederaufbau der vielen anderen, durch den Krieg zerstörten Gebiete Europas, namentlich derjenigen Nordfrankreichs und des Balkans, der natürlich auch mit allen Mitteln beschleunigt werden muß, kann vorläufig der kapitalistischen Wirtschaft überlassen bleiben. Der Wiederaufbau Rußlands ist aber auch für den Wiederaufbau der übrigen zerstörten Gebiete außerordentlich förderlich, denn er wird die Preise der Rohstoffe und Nahrungsmittel in allen Ländern herabdrücken, und damit den Wiederaufbau des übrigen Europas verbilligen und erleichtern.
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Auf die betriebstechnische Seite, auf die "praktische Durchführbarkeit" der zwei Überstunden in eigener Regie, brauche ich hier nicht einzugehen. Ich beschränke mich auf die Feststellung, dass mir erste Sachverständige bestätig haben, dass betriebstechnisch keine unüberwindlichen Schwierigkeiten gegen die Verwirklichung des Planes bestehen. Je nach den Verhältnissen in den einzelnen Ländern und je nach den lokalen Verhältnissen der einzelnen Fabriken, wird die praktische Durchführung sehr verschieden sein. Vielfach werden die zwei Überstunden eine reine Bleistiftfrage sein, der fünfte Teil der Gesamtfabrikation der Fabrik, in der nun anstatt 8, 10 Stunden gearbeitet wird, wird der Arbeiterschaft gutgeschrieben und ihr zur freien Verfügung gestellt und sie wird mit den Rohmaterialien und den Betriebsunkosten belastet, die auf diese zwei Überstunden entfallen. Auch für die "Betriebsräte" ist hier eine schöpferische Aufgabe gestellt, durch die sie in den Organismus des Betriebes hineinwachsen können.22 Indem den Betriebsräten oder den ähnlichen Organisationen hier eine vollwertige Aufgabe für den Sozialisierungsprocess gestellt wird, werden gleichzeitig die Gegensätze zwischen den Gemäßigten und Radikalen in der Arbeiterschaft gemildert. Ich bin mir voll bewußt, dass die Parole Zwei Überstunden täglich zum schnellem Wiederaufbau Rußlands in eigener Regie! nur als Parole23 zu werten ist. Die je nach dem praktischen Verhältnissen hundertfach variiert werden muß, soll sie praktisch durchführbar sein. Ich möchte nicht mißverstanden werden: Wenn ich vorhin davon sprach, dass das Ergebnis der Überstunden dazu verwandt werden soll, für die internationale Arbeiterschaft große Organisationen zu schaffen, die eine Entproletarisierung der breiten Masse herbeiführen, so kann das natürlich nicht heißen, dass nicht jedem Arbeiter genau der Ertrag seiner Arbeit gutgeschrieben wird und dass er in einer Form, auf die er natürlich Einfluß hat, restlos in den Genuß des Resultates seiner
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Arbeit kommt. Es wird ein Zeitpunkt kommen, zu dem die internationale Produktion so weit fortgeschritten ist, dass es nicht mehr wünschenswert ist, den zehnstündigen Arbeitstag aufrecht zu erhalten. Dann soll eine Umstellung in der Weise eintreten, dass nur noch 9 Stunden gearbeitet wird, von denen 7 Stunden dem Unternehmer und 2 Stunden dem Arbeiter zu Gute kommen. Im weiteren Verlauf soll dann international auf den 8 Stundentag übergangen werden, was um so leichter ist, wenn durch eine Modernisierung der Betriebe die Relativ-Produktion eine wesentliche Steigerung erfahren hat. Dann wird sich das Verhältnis so gestalten, dass sechs Stunden dem Arbeitgeber und zwei Stunden dem Arbeitnehmer gehören.
Es ist naheliegend, auf dem eingeschlagenen Wege fortzuschreiten. Den Anteil der Arbeitnehmer an dem Ertrag ihre Arbeit allmählich zu vergrößern, so dass die nächste Station fünf Stunden zu drei Stunden wäre und die darauf folgende ein paritätisches Verhältnis erstellt, indem der Ertrag von vier Stunden Arbeit dem Arbeitgeber, der Ertrag der anderen vier Stunden dem Arbeitnehmer gehört. Diese Form würde auch der Forderung der Sozialisierungs-Kommission auf dem internationalen Sozialistenkongress entsprechen, die ein stufenweise Sozialisierung fordert.24 Selbstverständlich wird dieser Process sich gegen den Widerstand vieler Regierungen und des gesamten Kapitalismus vollziehen. Da dieser Widerstand in den einzelnen Ländern verschieden groß sein wird, so wird auch dieser Process einer schöpferischen Sozialisierung in den verschiedenen Ländern verschieden schnell ablaufen.
Über das bisher Gesagte hinaus schon heute Programme aufzustellen, halte ich nicht für zweckmäßig. Es genügt, die internationale
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Arbeiterschaft auf den richtigen Weg gebracht zu haben. Nicht dringend genug kann die Arbeiterschaft in diesem Augenblick, wo sie vor eine weltgeschichtliche Aufgabe gestellt wird, davor gewarnt werden, dem Beispiel Rußlands zu folgen und die Geistesarbeiter in fantastischem Mißtrauen auszuschalten. Sie würde damit nur bankrott machen. Nur eine große Arbeitsgemeinschaft, in der auch die besten und tüchtigsten Geistesarbeiter sind, nur eine solche "Gemeinschaft der Arbeitenden der Welt" hat Aussicht, den menschenaussaugenden und völkerverhetzenden Privatkapitalismus und den internationalen Imperialismus, die noch über ungeheure Machtmittel verfügen, zu stürzen. Hier ist ein Weg eines schöpferischen Sozialisierungsprocesses gegeben, der zwar nicht kampflos ist, der aber die Gefahren endloser, erbitterter Kämpfe mit Zerstörungen oder doch zum mindesten schweren Produktionsverminderungen umgeht. Der sofort die alles überragende Forderung der Welt-Situation erfüllt: Erhöhung der Produktion unter gleichzeitiger Sozialisierung auf dem Wege allmählicher, friedlicher Umwandlung, d. h. auf dem Wege der Evolution. Eine Welt-Revolution ist es, die ich hier vorschlage, die aber mit Gehirn-Ganglien geführt wird, mit der Waffe der sittlichen Idee, nicht mit materiellen Zerstörungsmitteln.25
Nur auf diesem Wege können die vom Kapitalismus vergewaltigten arbeitenden Massen der Welt, einschließlich aller geistig Arbeitenden, zum Sieg gelangen. Es wäre kindlich zu glauben, die russische Revolution ließe sich mechanisch auf alle Länder der Welt übertragen, selbst wenn es wünschenswert wäre, es zu versuchen.
Noch sind die Arbeitenden in vielen Ländern schlecht organisiert, noch ist der Kapitalismus in vielen Ländern eine alles überragende Macht. Der Versuch eines gewaltsamen Umsturzes als "Weltrevolution" würde vorerst
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ungeheure Kämpfe in allen Ländern der sogenannten Kultur-Welt hervorrufen, ungeheure Zerstörungen verursachen, die Produktion in vielen Ländern für unabsehbare Zeit stillegen, den Mangel und die Teuerung ins Unermeßliche steigern und zur Folge haben, dass die Hälfte der Bevölkerung der Städte zugrunde geht. Und die Leidtragenden werden in erster Linie die Besitzlosen sein. Ganz besonders, wenn die Weltrevolution nicht vollständig gelingt, wofür keinerlei Aussicht ist. Die Voraussetzungen, die die russische Revolution zum Siege führte, fehlen in den meisten Ländern der übrigen Welt. Schon an dem Widerstand der konservativen Bauern würde die Weltrevolution scheitern. Ganz abgesehen davon, dass der Militarismus noch viel zu weitgehend mit dem Kapitalismus und dem Imperialismus der Regierenden verbrüdert ist, dass er sich noch viel zu sehr in den allermeisten Ländern als berufener Beschützer der bestehenden Staats-Ordnung fühlt. Ein Mißlingen der Weltrevolution würde aber nur der Reaktion zum Siege verhelfen. Die Vorgänge in Ungarn würden sich in vielen Ländern wiederholen. Die Arbeitenden der Welt würden die ungeheuren Chancen, die heute für einen endgültigen Sieg auf ihrer Seite stehen, verlieren, wenn sie jetzt, ungenügend vorbereitet, sich auf das vabanque Spiel [sic] einer Weltrevolution einlassen und diesen Kampf verlieren. Ganz abgesehen davon, dass sie mit einer blind-brutalen Weltzerstörungspolitik der das fanatische Festhalten an einem "Programm" wichtiger ist als das Wohl der Menschheit, ihre besten geistigen und sittlichen Trümpfe aus der Hand geben würden, während ihnen bei klugem Vorgehen der absterbende Kapitalismus, der den Todeskeim bereits in sich trägt, als überreife Frucht noch von selbst in den Schoß fällt.
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Es bleibt zu sagen, dass selbstverständlich auch die Arbeiter für ihre Arbeitsprodukte einen "Unternehmergewinn" berechnen müssen, schon weil "Betriebsreserven" notwendig sind, für unvorhergesehene Rückschläge und Verluste. Nur dass dieser Unternehmergewinn nicht privatkapitalistisch in einzelnen Händen aufgehäuft werden soll. Dieser Gewinn soll in erster Linie dazu dienen neben der Anlage der notwendigen Reserven das schöne Wort zu verwirklichen, dass leider bisher noch in den größten Teil der Welt leere Phrase ist: Freie Bahn dem Tüchtigen!
Durch Fach- und Qualitätsschulen, die es dem einfachen Arbeiter ermöglichen sich fortzubilden und wenn er die Fähigkeit dazu besitzt, bis in erste Stellungen zu gelangen. U. a. sollen durch regelmäßige internationale Preisausschreiben mit hohen Preisen die Arbeiter der internationalen Welt angeregt werden, sich intensiv in den Geist der Probleme zu vertiefen, die mit ihrer Arbeit verbunden sind. 26 Außerdem sollen aus diesem "Völkerfonds" besonders tüchtige Kinder Stipendien erhalten <zur Verwirklichung der Forderung: Auslese der Besten!>27 Aber auch Jugendlichen und Erwachsenen sollen Subventionen gegeben werden für Studienzwecke, für Studienreisen und für die Fortbildung auf Spezialgebieten. Auf dem Wege der Auslese der Beste n muß die internationale Arbeiterschaft ihr e Macht auf- und ausbauen.
Von ungeheurer Bedeutung wird es sein, dass die internationale Arbeiterschaft, die bei der Verwirklichung des Planes eines Tages über Milliarden verfügen wird, mehr und mehr die Kontrolle über die internationale Presse gewinnt, um diese als Instrument der Volks-Aufklärung und Völkerversöhnung zu gebrauchen. Heute betreiben große Teile der internationalen Presse im Dienst eines unersättlichen Imperialismus und eines habgierigen Kapitalismus berufsmäßig die Völkerverhetzung, mit der sie ihre Völker systematisch belügen und betrügen.
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Für die neuen Erziehungs- und Bildungs-Institute, die es aus eigenen Mitteln, unabhängig vom Staat sich aufbaut, muß das internationale Proletariat unter ständigem gegenseitigem Austausch seiner Erfahrungen von allen Traditionen absehen. Es muß in der Erziehung ganz neue Wege gehen, nachdem furchtbaren Bankrott, den die Menschheit geistig und sittlich im Weltkrieg gemacht hat. Unter Einschaltung der Besten aller Länder müssen die Schulen wieder Menschheitsschulen28 werden, menschliche Menschen schaffen, die ein bewußtes Verhältnis zu ihren Mitmenschen, zur Menschheit, zum Kosmos haben.29 Die nicht Ressort- und Paragraphen-Trottel sind, machtwahnsinnige, habgierige Bestien, rabiate Hanswürste oder Schlagwortnarren, Parodien auf den Begriff "Mensch", wie das heutige Bürgertum vieler Länder, dass wie Austern in ihrer Schale, nicht über das Bewußtsein der primitivsten Lebensfunktionen hinauskommt. Wird dieser Plan verwirklicht, so würde die vereinigte Arbeiterschaft der Erde in dieser Welt des wahnsinnigen Egoismus und des blinden Hasses, in der wir leben aus eigener Macht eine neue, bessere Welt aufbauen. Durch ein Zusammenlegen der Kräfte auf dem vorgeschlagenen Wege würde die internationale Arbeiterschaft sehr schnell zu einer ungeheuren physischen , geistigen und moralischen Macht gelangen .
In absehbarer Zeit Milliarden-Werte zu Verfügung haben, die es ihr ermöglichen, den werktätigen Massen nicht nur nach der rein physischen, nach der materiellen Seite, sondern auch nach der geistigen und sittliche n Richtung ein Optimum der Existenz und der Entwicklung zu sichern. Was hier gesagt wurde, ist natürlich nur eine flüchtige Skizze, bei der es mir nur darauf ankam, die führenden Gedanken festzustellen. Die ungeheure Zahl der Einzelprobleme ist eine Arbeit für sich, die nur bewältigt werden kann unter Mitwirkung eines großen Stabes hervorragender Spezialisten.
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Was ich hier niederschreibe soll als ein esot h erischer Bericht gelten, als ein Bericht für eine Minorität der Eingeweihten. Der Aufruf an die Arbeiterschaft der Erde muß kürzer, in dem Gedankengang einfach gegliedert, einfach im Ausdruck und packend in der Gesamtdarstellung sein. Ist er das, dann muß der Weckruf: Arbeiter der Welt, vereint euch zum Wiederaufbau Rußlands! bei entsprechender Vorbereitung hinter den Kulissen innerhalb weniger Tage die Arbeiterschaft der ganzen internationalen Welt enthusiasmieren und zusammenschließen. Denn mit der Übernahme dieser Aufgabe haben die Arbeiter der Welt ihr Schicksal endlich selbst in die Hand genommen.
30 Nachdem alle diejenigen, die durch die heutige Gesellschaftsordnung berufen waren, den Wiederaufbau der Welt zu vollziehen, geradezu schmachvoll versagt haben, kann nur noch das organisierte internationale Proletariat mit schöpferischen Gedanken und mit machtvollem, gemeinsamen Vorgehen das Fortschreiten der internationalen Katastrophe verhindern, die unvermeidlich ist, wenn kapitalistischer Egoismus und blinder Machtwahn der Imperialisten noch länger uneingeschränkt das Schicksal der Völker in der Hand behalten. Der endgültige große Sieg wird den Arbeitenden der Welt sicher sein. Wenn sie nicht, wie die heutigen Regierungen mit öden, leeren Verordnungen und toten Paragraphen die Massen zu leiten versuchen, sondern mit lebendigen Ideen, die auf dem Sehnen und Hoffen der Massen ihre Kräfte schöpfen.
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Zur Macht gelangt, müssen die Arbeitenden der Welt menschliche Güte allen menschlichen Leiden und menschlichen Hoffnungen entgegenbringen, aber stark und unbeugsam sein gegenüber allen egoistischen, feindlichen Kräften, die sich ihnen bei der Verwirklichung ihrer großen Aufgabe in den Weg stellen.
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Imperialismus und Kapitalismus haben sich in dem Weltkrieg und durch den Weltkrieg durch den allzubrutalen Mißbrauch ihrer Macht selbst das Grab gegraben. Ungeheure Machtmöglichkeiten liegen für die Arbeitenden der Welt in der Luft! Ganz besonders dann, wenn sie nicht der Torheit der heutigen Machthaber verfallen, auf stupide-materialistischer mechanischer Grundlage regieren zu wollen. Wenn sie begreifen, dass die alles überragende Macht des Lebens der Geist, die unsichtbare Idee ist! Wenn sie aus dem Zusammenbruch der alten Gesellschaftsordnung die Lehre ziehen, dass ein Machthaber vorübergehend seine Macht dem Schwächeren gegenüber brutal mißbrauchen kann, dass der endgültige Sieg aber immer wieder der Gerechtigkeit, der sittlichen Idee, der Menschlichkeit gehört! wie toll und unbesiegbar sich auch die Machtbestie gebärden mag. Wollen die Arbeiter die Führung in der Welt übernehmen zur Schaffung einer neuen Menschheitsordnung, dann müssen sie die Berechtigung zu dieser Führerschaft durch eine große, schöpferische, die Völker versöhnende Tat erbringen, die Leiden heilt, nicht durch Terror und Blutvergießen unerhörtes Leid über die schwer erschöpften Völker bringen. Einen ungeheuren moralischen Sieg, wie er in der Geschichte der Menschheit ohne Beispiel ist, kann die Arbeiterschaft der Welt erringen, indem sie ihre Interessen mit den Interessen der ganzen Menschheit als identisch erklärt. Dieser größte unvergängliche Sieg, der einer ganzen Menschheitsepoche seinen Stempel aufdrücken würde, er kann nur mit dem höchsten Preis errungen werden:
Mit dem Opfer der Selbstüberwindung! 32
Wir stehen an einer Menschheitswende. Die Stunde ist kostbar. Unbenutzt gelassen können mit ihr unwiederbringliche Möglichkeiten entschwinden. Jetzt gilt es für die internationale Arbeiterschaft zu zeigen, was Klugheit und ehrlicher Wille in einer Welt des Wahnsinns und der Heuchelei zu schaffen vermögen.
Arthur Kirchhoff
Berlin-Halensee
1↑"Absolut und ohne jeden Vorbehalt vertraulich zu behandeln" hds. unterstrichen in blauer Farbe, vermutlich vom Empfänger.
2↑"Europa kann aber …wieder Getreide liefert." hds. unterstrichen in blauer Farbe, vermutlich vom Empfänger.
3↑Hds. eingefügt, vermutlich von Kirchhoff..
4↑Hds. eingefügt, vermutlich von Kirchhoff.
5↑Hds. eingefügt, vermutlich von Kirchhoff.
6↑"Der Wiederaufbau Rußlands … Länder zu befriedigen " hds. unterstrichen, vermutlich vom Empfänger.
7↑"Die Verwirklichung des Planes … zur Folge haben." hds. markiert am linken Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.
8↑Hds. eingefügt, vermutlich von Kirchhoff.
9↑Hds. eingefügt, vermutlich von Kirchhoff.
10↑"Damit würde einer … Arbeitenden der Welt steht." hds. markiert am linken Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.
11↑hds. eingefügt am linken Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.
12↑"Sie wünschen schon … Kaufkraft verloren hat." hds. markiert am linken Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.
13↑"damit die Macht der vereinigten Kopf- und Handarbeiter ungeheuer zu erhöhen." hds. unterstrichen, vermutlich vom Empfänger.
14↑"schöpferischen Teil-Sozialisierung" hds. unterstrichen, vermutlich vom Empfänger.
15↑"Aus dem Ertrag … und der Konfession." hds. markiert am linken Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.
16↑"eine Entproletarisierung der arbeitenden Massen der Welt " hds. markiert am linken Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.
17↑"Enteignung" hds. unterstrichen, vermutlich vom Empfänger.
18↑"Wo der Bodenwucher … für sie verloren hat." hds. markiert am linken Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.
19↑"Diese zwei Überstunden … Regie zu nehmen." hds. markiert am Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.
20↑"womit die Nahrungsmittel-Produktion … Friedensproduktion erfahren kann." hds. unterstrichen, vermutlich vom Empfänger.
21↑"Es könnte nur … Welt gelöst werden." hds. unterstrichen, vermutlich vom Empfänger.
22↑"Auch für die … Betriebes hineinwachsen können." hds. unterstrichen, vermutlich vom Empfänger.
23↑"Parole" hds. unterstrichen, vermutlich vom Empfänger.
24↑"Diese Form würde … stufenweise Sozialisierung fordert." hds. unterstrichen, vermutlich vom Empfänger.
25↑" Eine Welt-Revolution … mit materiellen Zerstörungsmitteln." hds. markiert am linken Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.
26↑" U. a. sollen durch … Arbeit verbunden sind." hds. markiert am linken Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.
27↑"zur Verwirklichung der Forderung: Auslese der Besten!" hds. eingefügt von Kirchhoff.
28↑"Menschheitsschulen" hds. unterstrichen, vermutlich vom Empfänger.
29↑"Es muß in … zum Kosmos haben." hds. markiert am linken Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.
30↑"innerhalb weniger Tage … in die Hand genommen." hds. markiert am linken Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.
31↑"wie die heutigen … ihre Kräfte schöpfen." hds. markiert am linken Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.
32↑"Einen ungeheuren moralischen … Opfer der Selbstüberwindung!" hds. markiert am linken Seitenrand, vermutlich vom Empfänger.