Dokument-Nr. 4398
Auswärtiges Amt an Schweizerische Gesandtschaft beim Deutschen Reich
Berlin, 17. Februar 1918
Die Britische Regierung hat in ihrer der vorbezeichneten Verbalnote beigefügten Note vom 2. v. M. ihre Zustimmung zu der in Aussicht genommenen Verwendung eines neutralen Schiffes zur Heimschaffung der in überseeischen Gebieten befindlichen deutschen Frauen, Kinder und nicht wehrfähigen Männer versagt. Diese Erklärung hat hier um so mehr überrascht, als die Britische Regierung bereits bei verschiedenen Gelegenheiten so insbesondere v. 14. Mai 1917 (vergl. dortige Verbalnote vom 31. Mai v. J. E. II 5/3988) ausdrücklich versichert hat, es sei nie ihre Absicht gewesen, Zivilgefangene dauernd im tropischen Afrika zurückzuhalten oder sie nach Indien zu überführen. Die britische Regierung hat damals erklärt, es sei geplant, alle Frauen und Kinder, alle männlichen Personen, die das wehrpflichtige Alter überschritten hätten und alle Dienstuntauglichen, sobald sich eine Gelegenheit dazu bietet, nach der Heimat zu überführen; es sei indes bis jetzt nicht gelungen, ein neutrales Schiff zu diesem Zweck zu chartern.
Mit dieser Erklärung ist die Weigerung der Britischen Regierung, auf den ihr deutscherseits vorgelegten Plan der Charterung eines neutralen Schiffes einzugehen, nicht vereinbar; auch setzt sich die Britische Regierung soweit es sich um Personen handelt, die unter die von ihr mit Deutschland geschlossenen Vereinbarungen über die Freilassung von Zivilpersonen fallen, mit den damit übernommenen Verpflichtungen in Widerspruch, da
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da sich diese Vereinbarungen nicht nur auf die in Grossbritannien selbst, sondern auch auf die in den britischen Kolonien internierten Deutschen beziehen. Abgesehen davon ist angesichts der äusserst ungünstigen klimatischen Verhältnisse unter denen die hier in Frage kommenden Personen nun schon seit Jahren leben, deren weitere Festhaltung daselbst als eine durch keinerlei Kriegsnotwendigkeit bedingte Grausamkeit anzusehen. Die Deutsche Regierung hält es für ihre heilige Pflicht, nichts unversucht zu lassen, um die der Heimschaffung dringend bedürftigen Personen auch wirklich der Heimat endlich zuzuführen. Sie glaubt daher auf die Unterredung zurückkommen zu sollen, die der Generalmajor Friedrich im Dez. v. J. mit den aus Anlass der türkisch-englischen Verhandlungen über Gefangenenfragen in Bern anwesenden britischen Delegierten Lord Newton und General Belfield gehabt hat. Die genannten englischen Herren haben damals dem General Friedrich mitgeteilt, dass die Britische Regierung dem deutschen Plan, die beteiligten Überseedeutschen auf einem eigens zu diesem Zwecke gecharterten Schiff heimzubefördern, wohlwollend gegenüberstehe, dass jedoch in erster Linie deutsche Dampfer mit neutraler Besatzung zu diesem Zweck in Betracht kommen.
Die Deutsche Regierung hätte im Interesse der Beschleunigung der Transporte der Verwendung eines bereits jetzt fahrtbereiten überdies mit Rücksicht auf seine Grösse und Ausstattung besonders geeigneten neutralen Schiffes vor derjenigen eines deutschen Schiffes, für dessen Abfahrt es noch zeitraubender Vorarbeiten bedarf, den Vorzug gegeben, umsomehr als deutsche Schiffe von der Grösse, wie das in Aussicht genommene holländische Schiff nicht ohne weiters zur Verfügung stehen dürften. Um aber die dringend der Heimbeschaffung bedürftigen Deutschen aus ihrer beklagenswerten, den Grundsätzen der Menschlichkeit hohnsprechenden Lage möglichst schnell zu befreien, ist sie auch bereit, die in Betracht kommenden Personen in etwa zwei Transporten auf deutsch-
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en Schiffen aus den überseeischen Gebieten in die Heimat befördern zu lassen, vorausgesetzt, dass von seiten der feindlichen Mächte für die ungehinderte Fahrt dieser Schiffe volle Gewähr geleistet wird. Es wird vor allem darauf ankommen, dass die britische Regierung mit aller möglichen Beschleunigung ihre grundsätzliche Zustimmung hierzu erteilt. Die Ausführung dieses Planes würde am zweckmässigsten durch eine Besprechung von Vertretern der Deutschen und der Englischen Regierung im Haag oder in Bern in seinen Einzelheiten zu vereinbaren sein, da deren schriftliche Festsetzung zu lange Zeit in Anspruch nehmen würde.
Das Auswärtige Amt bittet die Schweizerische Gesandtschaft von vorstehendem der Britischen Regierung auf telegraphischem Wege Kenntnis geben und sie veranlassen wollen, unverzüglich ihre Stellung zu dem Plane mitzuteilen.