Dokument-Nr. 4446
[Unbekannt], in: [Bayerischer Kurier und Münchener Fremdenblatt], vor dem 14. November 1923
1. Um gegen Se. Eminenz des Herrn Kardinal von Faulhaber eine wirksame, volkstümliche Hetze inszenieren zu können, wurde die Behauptung unter die Massen geworfen, Se. Eminenz habe den Generalstaatskommissar von Kahr umgestimmt und von Hitler abgedrängt. Tatsächlich hat Se. Eminenz weder in der kritischen Nacht, noch seither auch nur ein Wort oder eine Zeile mit Dr. v. Kahr gewechselt und nicht im geringsten in die Bewegung eingegriffen. Aber um die Wahrheit war es denen nicht zu tun, die eine unerhört wüste Hetze gegen "den Faulhaber" trieben, die ihm am Samstag vor seinem Palais eine Katzenmusik machten und ihn am Sonntag bei der Rückkehr von einer Kirchenkonsekration anlümmelten. Ist es nicht eine Schmach ohnegleichen, einen Mann, der sich des höchsten Ansehens in der ganzen Welt erfreut, so gemein und roh zu behandeln.
2. Gegen den Papst und die "schwarze Internationale" wurde in wildester und abstoßendster Form besonders von Universitätsstudenten im Universitätsgebäude gehetzt. Wer die Roheit nicht mitmachte, wurde verprügelt – jedenfalls im Namen der akademischen "Freiheit". Dieselben Studenten oder doch ihre Kollegen haben vor einigen Kollegen an den Hl. Vater ein Dankschreiben gerichtet, und ihm eine Studentenbüste überreicht, weil niemand so viel über die Münchener Universitätsstudenten getan hat, wie der Hl. Vater. Kommentar überflüssig!
3. Die "antiultramontane" Hetze, durch die man die protestantischen Mitbürger aufreizen wollte, hat sich sogar in die Kirche verirrt. Predigte doch am Sonntag, also in der Zeit des größten Erregung, ein protestantischer Geistlicher über das Thema: Unser Freund ist 1. der Franzose, 2. der Katholik!!