Dokument-Nr. 4449
Sebastian, Ludwig an Pacelli, Eugenio
Speyer, 20. Januar 1923
Hochwürdigster Herr Ap. Nuntius, Gnädigster Herr!
In der Anlage gestatte ich mir ehrerbietigst Eurer Erzbischöflichen Excellenz den Schriftverkehr zu unterbreiten, welcher zwischen mir und dem Kreisdelegierten, General De Metz, aus Anlass der Anordnung eines Trauergeläutes entstanden ist. Euer Excellenz wollen gnädigst hievon Kenntnis nehmen falls von anderer Seite an Euer Excellenz oder an einer höheren Stelle Mitteilung ergangen sein sollte. Ich erlaube mir noch ergebenst zu bemerken, dass mit Rücksicht darauf, dass die Katholiken in der Pfalz die Minderheit bilden, es manchmal angezeigt erscheint mit den Protestanten ein gemeinsames Vorgehen zu vereinbaren. So hatte mich der Präsident des protestantischen Landeskirchenrates ersucht für Sonntag, den 14. Januar, von 12 bis 1/4 1 Uhr ein gemeinsames Trauergeläute in allen Kirchen anzuordnen. Dabei lagen nur religiöse Absichten zugrunde, wie aus dem Ausschreiben hervorgeht, das in dem rheinischen Volksblatt erschienen ist, dessen Abschrift beiliegt, und wie auch in der vormittägigen Predigt des Näheren erläutert wurde. Das Verbot des Herrn Kreisdelegierten erscheint daher als ein Eingriff in die kirchliche Rechtssphäre, ganz abgesehen davon, dass der Präsident
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des protestantischen Landeskirchenrates zweifeln möchte, ob der Herr Kreisdelegierte zu seinem Verbote befugt war, wenn nicht eine Verordnung der Interalliierten Rheinlandkommission in Coblenz vorlag. In tiefster Ehrfurcht
Eurer Erzbischoeflichen Excellenz
ehrerbietig gehorsamster
+ Ludwig
B. von Speyer