Dokument-Nr. 4461
Pacelli, Eugenio an Preußischer Episkopat
Berlin, 28. Februar 1926
Copia
Im Verfolg eines die Diözese Limburg betreffenden Einzelfalles ist bereits im Frühjahr 1925 eine Anfrage an den Heiligen Stuhl gelangt, in welcher Weise die Präsentation auf Pfarrstellen bisher staatlichen Patronats vonseiten der bischöflichen Behörden behandelt werden solle. Mit Rücksicht auf die preussischen Konkordatsverhandlungen, bei denen die Patronatsfrage nach den Bestimmungen des Codex Juris Canonici und in Anpassung an die durch die Reichs- und preussische Verfassung geschaffene neue Rechtslage zu Erörterung und Entscheidung kommen dürfte, erteilte der Heilige Stuhl durch die Apostolische Nuntiatur dem Hochwürdigsten Herrn Bischof von Limburg am 30. März 1925 die Weisung, die Präsentation vonseiten des preussischen Oberpräsidiums in Cassel nur provisorisch und de facto und mit dem ausdrücklichen Vorbehalt entgegenzunehmen, dass dies keinen Präzedenzfall für die definitive Regelung bilden könne. Denselben Standpunkt bestätigte eine er-
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neute Anweisung des
Heiligen Stuhles vom 1. Dezember 1925 trotz der unterm 20. Oktober 1925 von dem
Casseler Oberpräsidium im Namen der preussischen Staatsregierung ausgesprochenen
Rechtsverwahrung gegen den bischöflichen Vorbehalt.Von dem Bestreben geleitet, die kirchlichen Rechtsgrundsätze auf dem Gebiete des Patronatsrechtes rein und ungemindert zur Auswirkung zu bringen, hat der Heilige Stuhl die praktische Behandlung der Frage des Staatspatronates in Bayern nach der Revolution so geregelt, dass die staatlicherseits erfolgenden Präsentationen auf Pfarreien zunächst lediglich provisorisch und de facto anerkannt wurden und mit dem ausdrücklichen, von der bayerischen Staatsregierung angenommenen Vorbehalt, dass dies keinen Präzedenzfall für die definitive Regelung der Patronatsfrage bilden könne. Der Fixierung dieses Standpunktes diente ein besonderes vorläufiges Abkommen, das bis zum Inkrafttreten der mit dem kanonischen Recht übereinstimmenden Patronatsabmachungen des Konkordates massgebend blieb.
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Da in einzelnen preussischen Diözesen die Zahl der
Pfarreien staatlichen Patronats nicht unbeträchtlich ist, so hat auch für die katholische
Kirche in Preussen eine den kanonischen Vorschriften entsprechende Lösung eine besondere
grundsätzliche und praktische Bedeutung. Um einer solchen kirchenrechtlich einwandfreien
Lösung ähnlich wie in Bayern die Wege offen zu halten, weist der Heilige Stuhl die
Hochwürdigsten Ordinarien Preussens hiermit an, bei etwaigen staatlichen Präsentationen die
oben angegebene, der Verfügung vom 30. März 1925 entnommene Klausel in Anwendung zu bringen.
Nach dem Vorgang des Casseler Oberpräsidiums wird zwar damit zu rechnen sein, dass die
bischöfliche Rechtsverwahrung staatlicherseits eine formelle Zurückweisung finden wird.
Letzteres kann jedoch keinen hinreichenden Grund darstellen, den aus prinzipiellen
Erwägungen notwendigen Vorbehalt kirchlicherseits zu unterlassen oder
abzuschwächen.Ergebenst
+ Eugen Pacelli Erzbischof von Sardes
Apostolischer Nuntius