Dokument-Nr. 527
Oster, Alois an Pacelli, Eugenio
Aachen / Oberstdorf, 27. Juli 1917
Hochwürdigster Herr Erzbischof,
Euer Excellenz wollen verzeihen, wenn ich in Angelegenheit des Werk's [sic] der hl. Kindheit nochmals Euer Excellenz schreibe.
Seit Beginn des Krieges hat der Verwaltungsrat es für seine Pflicht erachtet, mit dem Generalrat in Paris in Fühlung zu bleiben und habe ich über die Schweiz Herrn Prälat de Teil, Generaldirektor des Werks, stets über die deutschen Erfolge berichtet und auf denselben Wegen seine Antworten und Glückwünsche zu uns. Erfolg erhalten, bes. zum April 1916. Um diese Zeit sollte es eine Zusammenkunft mit Mgr. de Teil in Freiburg, Schweiz geben, aber im letzten Augenblick telegraphierte Monseigneur ab. Meiner öfteren Bitte um Übersendung der Pariser Monatshefte und Angaben der in Frankreich u. anderen Ländern eingegangenen Beträge wurde einfach übergangen.
Nun erhalte ich soeben auf Umwegen <Paris weiß nichts davon> die 3 Hefte der Anales françaises, Juin 1915, 1916 + 1917 sicher zugesandt; vielleicht kann ich jetzt verstehen, warum man die Lettre des dem Pariser Generalrat beigeordneten, nicht unter-
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geordneten Aachener Verwaltungsrats überging.Während vor 20 Jahren Frankreich für das Oeuvre de la Ste Enfance jährlich noch ca. frcs 1.250.000,- und Deutschland ca. frcs 1.000.000,- erbrachten, änderten sich seitdem die Erträgnisse gewaltig, sodaß im Jahre
1913 Frankreich ca. 850.000,- frcs Deutschland ca. 1.950.000,- frcs also <mehr als> das doppelte beitrug. Leider habe ich die ganz genauen Zahlen betr. Deutschland nicht bei mir, kann solche aber auf Wunsch von Aachen nachsenden. Im vorigen Jahre hatte ich die Ehre Seiner Eminenz Herrn Kardinal Frühwirth mündlich entsprechend zu berichten.
Jedenfalls sind die nachfolgenden Zahlen bezüglich Deutschlands fast genau, diejenigen für Frankreich nach dem offiziellen Bericht. Es erbrachten
Frankreich | Deutschland | ||||
1913 ca. | frcs | 850.000,- | ca. | frcs | 1.950.000,- |
1914 genau | " | 538.000,- | ca. | " | 1.890.000,- |
1915 " | " | 597.000,- | ca. | " | 2.000.000,- |
1916 " | " | 750.000,- | genau | " | 2.468.750,- |
also noch 100.000,- weniger als 1913, | also 500.000,- fcrs mehr als 1913. |
Die deutsche Einnahme 1916 war um 440.000,- frcs höher als im letzten Friedensjahre, 3 ¼ mal so groß als die französische. In dem französischen Berichten für 1914/16 heißt es nun, dass mit einigen Ländern keine Verbindung sei und keine Angaben vorlägen; von den in Paris bekannten
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deutschen Erfolgen kein Wort! Deutschland hat sei den letzten 25 Jahren zwischen 1 bis 2
Millionen jährlich geliefert und erhielt davon für ausgesprochen deutsche Missionen
100.000,- und später bis zu 350/400.000,- frcs zurück <den ganzen Rest, 80 bis 90 Procent
erhielten französische Missionen, italienische, englische und belgische;> und jetzt wird
Deutschland gestrichen, wiewohl ich Mgr. de Teil schrieb, dass man die Gelder in Aachen
aufbewahrten [sic] und wiewohl ich mit seiner schriftlichen Genehmigung verschiedene
Unterstützungen auszahlte.Die obigen Zahlen zeigen, wie Deutschland den katholischen, den universellen Gedanken des Missionswerks auffaßt, und Seine Durchlaucht Fürst Löwenstein, Herr Prälat, Generalvikar Dr. Kreutzwald, Herr Prälat Dr. Werthmann und ich haben bis einschl. 1914 in den Sitzungen des [ein Wort unlesbar] – als Mitglieder des Generalrats – stets ehrlich und unentwegt diesen Standpunkt vertreten.
Der Aachener Verwaltungsrat kann das geschilderte Vorgehen nicht billigen und ich muß als Vorsitzender förmlich Protest zu Händen Eurer Excellenz einlegen.
Ergebenst und ehrerbietigst bitte ich Eure Excellenz, diesen Bericht nach Rom geben zu wollen, damit unser Heiliger Vater, der Vater der ganzen Christenheit, über die missliche Lage des Werks der hl. Kindheit unbefangen orientiert ist.
Indem ich Euer Excellenz ergebenst bitte, um den Empfang dieses Schreibens gütigst anzeigen zu lassen, bin ich mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochschätzung
Euer Excellenz ergebenster
Alois Oster
Vorsitzender des Aachener Verwaltungsrats