Dokument-Nr. 5321
Lewandowski, Zenon Eugeniusz an Bludau, Augustinus
Allenstein, 11. März 1920
Es ist mir sehr peinlich, aber ich bin geradezu genötigt, gegen die politische Richtung Ihrer Wirksamkeit energischen Protest zu erheben. Unaufhörliche Beschwerden aus allen Kreisen der polnischen Volksgemeinschaft Ihrer Diözese zwingen mich dazu; denn es war bisher nicht üblich, dass seitens der Geistlichkeit eine aktuelle politische und Partei-Agitation getrieben wurde. Es wird darüber Klage geführt, dass in Ihrem Namen bei amtlichen Versammlungen der Geistlichen Briefe verlesen werden, die ihnen empfehlen, auf das Volk Einfluss auszuüben zum Verbleiben bei Deutschland, dass Geistliche deutscher Nationalität unbehindert verschiedene Vereine besuchen dürfen, während polnische versetzt werden, wie z.B. der Geistliche Mondry aus Bischofsburg gerade zu dieser Zeit usw.
Die politische Seite Ihres Hirtenbriefes hat man in polnischen Kreisen Ihrer Diözesanen geradezu mit Entrüstung entgegengenommen. Euer Bischöflichen Gnaden wissen sehr wohl, dass Sie in Ihrer Diözese Polen haben; man darf daher nicht ausschließlich parteiisch von deutschem Verständnis heraus nur zu den einen reden und die Angelegenheiten nur vom deutschen Standpunkt heraus darstellen. In der Ausführung über die Schule und die Lehrer sind Sie entschieden zu weit gegangen; denn Sie sollten doch wissen, dass gerade die preußische Schule gesetzwidrig hinsichtlich des wahren Christentums den Ihnen untergebenen Diözesanen furchtbare Schäden beigebracht hat; sie ertrugen dieses Unrecht, weil sie mussten; aber wenn Euere Bischöflichen Gnaden heute noch das,
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was ein Unrecht ist, im Hirtenbriefe für alle Diözesanen zu erhöhter Bedeutung erheben wollen, dann können Sie den Vorwurf der Parteilichkeit auf sich herabziehen. Gerade die Lehrer gehören zu den ärgsten Feinden der Nationalität und Kultur eines großen Teils Ihrer Diözesanen, der Polen, zu solchen Feinden, dass sogar die Ihrer Stellung nach hervorragendsten kein Bedenken tragen, sich unter das Straßengesindel zu stellen und gegen die öffentliche Wohlanständigkeit und Ordnung zu hetzen. Es besteht also in der Auffassung der Lage ein großer Gegensatz zwischen Euer Bischöflichen Gnaden und Ihrer polnischen Diözesanen, und ich habe die Hoffnung, dass beide Teile sich bemühen werden, durch gerechte Erwägung in kürzester Zeit erträgliche Zustände herbeizuführen; denn in entgegengesetzem Falle müsste ich kompetente Persönlichkeiten bitten, dass sie den unerträglichen Zustand an der Stelledarlegen, wo die Unfehlbarkeit entscheidet.In größter Hochachtung
der Generalkonsul der Republik Polen
und polnischer Bevollmächtigter bei der internationalen
Abstimmungs-Kommission.
gez. Lewandowski.