Dokument-Nr. 7118
Michalkiewicz, Kazimierz Mikołaj an Beseler, Hans Hartwig von
[Vilnius], 22. September 1916
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Übersicht über ihre Bezirke mitzubringen und die
von ihnen seit 1.VII.16 geführten Register vorzulegen. Zugleich wird es mir von Seiten der
mir unterstehenden Geistlichkeit gemeldet, dass von einigen Pfarrern die Ortsbehörden
unmittelbar und unter Ausscheidung meiner Vermittelung eine Änderung im Führen von
Personenstandsregister gefordert haben und verlangten die Abgabe der kirchlichen
Amtsstempel.Angesichts der oben angeführten Bekanntmachungen beehre ich mich der Verwaltung des Herrn Oberbefehlshabers Ost Folgendes ergebenst mitzuteilen:
Die Verordnung, um die es sich handelt, ist aus rechtlicher Stellung der Geistlichkeit unausführbar.
Denn obgleich die Anordnung im § 1 sagt: "Die bisherigen Vorschriften über die Führung der Personenstandsregister, soweit diese zur Beurkundung der Geburten, Eheschließungen und Todesfälle bestimmt sind, bleiben in Kraft", – in demselben Paragraph ist es aber zum Ausdruck gebracht, dass diese insofern nur in Kraft bleiben "falls nicht nachstehend etwas anderes verordnet wird." Die weiteren Paragraphen der Anordnung enthalten tatsächlich grundsätzliche Änderungen in der bisherigen Führung der Personenstandsregister. Der § 3, wonach, "der Chef der Verwaltung bestimmt für jeden Land- und Stadtkreis die Registerbezirke" und § 4, wonach "Registerführer oder Vertreter sind die einheimischen Geistlichen, welche bisher schon zur Registerführung verpflichtet waren" machen die Geistlichen in ihrer Tätigkeit von der Zivilverwaltung abhängig, die die Geistliche laut §§ 7 und 9 ihres Amtes entheben, ihnen Verweise geben und sie bestrafen kann. Das durch § 3 der Zivilverwaltung gegebene Recht die Grenzen der Registerbezirke zu bestimmen stellt die Pfarrgeistlichkeit der Gefahr aus die Grenzen ihrer Jurisdiktion zu überschreiben, die in unserem Lande durch den Metropoliten des hiesigen Kirchensprengels mit Gutheißen des Apostolischen Stuhles festgesetzt worden sind und unter Strafe der Suspens von den Geistlichen nicht überschritten werden dürfen, wurde auch der Verwaltung die Möglichkeit geben Grenzenbestimmungen anzuordnen, die sich nicht mit den oben erwähnten und die Geistlichkeit kir-
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chenrechtlich verpflichtenden decken
würden. Die Pfarrgeistlichkeit wäre durch die Aufnahmen von Ämtern der Registerführer zum
Rangen der untergeordneten Zivilbeamten herabgesetzt und ihre amtliche Abhängigkeit von den
Zivilbehörden würde eine in den Kircheninstituten unzulässige Desorganisation nach sich
ziehen, was vor allem eine schädliche Wirkung auf den regelmäßigen Lauf des Kirchlebens im
Lande ausüben würde.Aus diesen Gründen mich auf die Gesetze unserer Kirche stützend, habe ich als gegenwärtiger Vorsteher der Diözese Wilna nicht das Recht darauf einzugehen, dass die mir untergestellte Geistlichkeit die Ämter der Registerführerübernahme, umsomehr, als der jetzige Okkupationsgegenstand des Landes mich nicht berechtigt Änderungen in der Führung von Akten, so großer Wichtigkeit, wie Personenstandsregister zu treffen, für die nicht nur die Sprache sondern auch die Form uns auf gesetzgebendem Weg vorgeschrieben wurden.
Was im besonderen die Kirchenstempel angeht, so steht mir auch das Recht nicht zu die mir unterstellte Geistlichkeit zu berechtigen dieselben an die Zivilbehörden abzugeben aus dem Grunde, dass die Kirchstempel das Eigentum von einzelnen Kirchen sind und müssen samt den Kirchenregistern im Kirchenarchiv aufbewahrt werden.
Es bestehen dagegen von meiner Seite keine Schwierigkeiten, dass nach der bisherigen gesetzlich festgestellten Ordnung die Geistlichkeit den dazu befugten Zivilbehörden in einer festgelegten Form und in einer ihr zugänglichen Sprache die zur Führung von Personenstandsregister erforderlichen allgemeine statistischen Angaben erteile, ohne dadurch den Zivilbehörden untergestellte und von ihr beaufsichtigte Beamten zu werden.
Ich sandte deshalb an die Geistlichkeit der Diözese Wilna durch Vermittlung von Dekanen eine Verordnung betreffend der Zustellung an die Zivilbehörden von oben erwähnten allgemeinen statistischen Angaben und ordnete an, dass in der Zukunft in allen Kirchen ausschließlich nur kirchliche Stempel mit Inschriften in lateinischer Sprache gebraucht werden, die alten, aber, als
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Kircheneigentum im Archiv aufbewahrt bleiben.Apostolischer Administrator der Wilnaer Diözese Päpstlicher Protonotar Gez.: von Michalkiewicz.
I. A. Sekretär S. Lewicki