Dokument-Nr. 7134
Michalkiewicz, Kazimierz Mikołaj an Isenburg-Birstein, Franz Josef Fürst von
Vilnius, 25. Mai 1917

[Abschrift]
Durchlaucht.
Euer Durchlaucht in Beantwortung des gef. Schreibens vom 18.V.17 Abt. C 8/8 Nr. 745 geh. teile ich ergebenst mit, dass ich mich zum verbindlichsten Dank gegenüber dem Herrn Oberbefehlshaber Ost verpflichtet fühle für Seine Bereitwilligkeit der Notlage der mir unterstehenden Geistlichkeit aus den Landeseinkünften entgegenzukommen, zumal, dass die Geistlichkeit tatsächlich in schwere finanzielle Lage geraten ist, die sogar in einzelnen Fällen als kritisch anzusehen ist. Ich beabsichtige daher nicht die Notwendigkeit von Zuschüssen für die Geistlichkeit grundsätzlich abzulehnen, ich halte dieselben vielmehr für durchaus billig und angemessen, zumal, dass die Katholische Kirche in diesem Lande auch nach der von Seiten der russischen Regierung erfolgten Säkularisation von Kirchenbenifizien und -gütern ihren eigenen Fond auch jetzt besitzt, von dem die russische Regierung % % [sic] zum Unterhalt von Geistlichkeit und kirchlichen Instituten in allen Diözesen geleistet hat.
Der genannte Fond wird von dem Katholischen Kollegium in Petersburg (Punkt 5 des § 71, Band XI, erster Teil des Staatskodex) verwaltet, in dem jede Diözese ihren Vertreter hat; der Vertreter der Wilnaer Diözese ist z. Z. der Domherr Sadowski. Auf diesen Fond darf ich und die mir unterstellte Geistlichkeit in keinem Falle aus kirchlichen Interessen auch in der jetzigen Lage nicht verzichten, da er ausschließlich ein Eigentum der Kirche ist. Aus diesem Grunde habe ich seinerzeit vom Herrn Chef der Verwaltung Wilna-Suwalki den Rat erbeten, auf welche Weise ich der Diözese Wilna gehörenden Kirchengelder von der russischen Regierung erlangen könnte, worauf ich seine Antwort vom 24. August 1916 IV a Nr. 2553/16, deren Abschrift hier beiliegt, erhielt. In Befolgung der mir vom Herrn Chef der Verwaltung Wilna-Suwalki in dem genannten Schreiben ausdrücklich gegebenen Anweisung, richtete ich am 5.IX.16 durch Vermittelung derselben Verwaltung einen Antrag an Seine Eminenz Herrn Kardinal Staatssekretär betreffend die Erlangung von der russischen Regierung der der Diözese Wilna zukommenden Kirchengeldern. Auf diesem Antrag wurde es mir von Seiner Eminenz dem Herrn Kardinal Staatssekretär Gasparri durch das Schreiben vom 3.II.17 Nr. 25713 zur Kenntnis gebracht, dass er sich mit der russischen Regierung in der Angelegenheit von den genannten Kirchengeldern verständigt habe, wobei er mich beauftragte, das genaue Verzeichnis von einzelnen Zuschüssen ihm zuzusenden; am 18.V.17 erhielt ich außerdem den folgenden Drahtbericht: "München – Monsignor Michalkiewicz Wilna – Cardinale Staatssekretär bittet sofortige Antwort Brief 3 Februar Nr. 25713 – Schioppa Geschäftsträger." Euer Durchlaucht ersuche ich daher ergebenst es befehlen zu wollen, dass das hier beiliegende Schreiben an Seine Eminenz Herrn Kardinal Staatssekretär mit der Abschrift des gef. Schreibens Euer Durchlaucht vom 18.V.17 C 8/8 Nr. 745, meines Beantwortungsschreiben II Nr. 282, und dem geforderten Verzeichnis der Zuschüsse in russischer und lateinischer Sprache weiter geleitet werde. Die gefällige Bereitwilligkeit aber des Herrn Oberbefehlshabers Ost, Staatszuschüsse für die Geistlichkeit aus den Landeseinkünften leisten zu wollen gleichzeitig in Anspruch zu nehmen, scheint mir vorläufig unangemessen zu sein, da die in Frage kommenden Zuschüsse aus eigenen Geldsummen der Katholischen Kirche gedeckt werden. Ich erlaube mir angehend zu bemerken, dass über die von Euer Durchlaucht in Ihrem Schreiben von 18.V.17 C 8/8 Nr. 745 erwähnte Ermächtigung von
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Seiten des Apostolischen Stuhles zur Annahme der Staatszuschüsse mir nichts bekannt ist, was ich auch zur Kenntnis Seiner Eminenz des Herrn Kardinal Staatssekretärs bringe.
Apostolischer Administrator der Diözese Wilna, Päpstlicher Protonotar
v. Michalkiewicz.
Empfohlene Zitierweise
Michalkiewicz, Kazimierz Mikołaj an Isenburg-Birstein, Franz Josef Fürst von vom 25. Mai 1917, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 7134, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/7134. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 24.03.2010, letzte Änderung am 10.03.2014.