Dokument-Nr. 8489
Hertling, Friedrich Georg Graf von an Pacelli, Eugenio
Berlin, 14. März 1918
bestätige ich ganz ergebenst den Empfang des geschätzten Schreibens vom 9. März, worin Sie die Intervention Seiner Majestät des Kaisers und der Kaiserlichen Regierung zu Gunsten der Armenier erbitten.
Als mit dem Abschluss des Waffenstillstands von Brest-Litowsk die Möglichkeit einer Räumung der damals von den Russen besetzten ostanatolischen Provinzen näher rückte, hat sich die Kaiserliche Regierung alsbald mit der Kaiserlich Ottomanischen Regierung wegen der Frage der Behandlung der armenischen Bewohner dieser Provinzen in Verbindung gesetzt. Dabei haben wir uns überzeugen können, dass die Türkische Regierung entschlossen ist, die Armenier mit Milde zu behandeln und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um in Zukunft ein friedliches Zusammenleben der christlichen und mohammedanischen Bevölkerung Ostanatoliens zu ermöglichen. Als die armenischen Banden, die sich in dem inzwischen von den russischen Truppen geräumten Gebiet eingenistet hatten, unter den mohammedanischen Bewohnern fürchterlich hausten, haben wir wiederum von der Türkischen Regierung die beruhigende Versicherung erhalten, dass sie nicht daran denkt, Maßnahme gegen die unbeteiligte Bevölkerung zu ergreifen und dass die strengste Mannszucht unter den vorrückenden türkischen Truppen gewahrt werden wird.
31v
Die Wiederkehr friedlicher Zustände ist aber selbstverständlich nur möglich, wenn die Armenier sich der Türkischen Regierung unterwerfen, ihre jetzt völlig aussichtslos gewordenen politischen Wünsche aufgeben und loyal zu ihrer Untertanenpflicht zurückkehren. Leider sind auch jetzt noch die revolutionären armenischen Komitees in der Schweiz am Werke, die Armenier zum äußersten Kampfe gegen die Türkei aufzustacheln. Von einer Zusammenkunft, die in jüngster Zeit in Genf abgehalten wurde, sind Telegramme in diesem Sinne an die in Tiflis bestehenden armenischen Komitees abgegangen. Zugleich soll der sich in Paris aufhaltende Vertreter des armenischen Katholikos, Boghos Nubar Pascha, ersucht worden sein, die Englische Regierung um Entsendung von Offizieren und Mannschaften zur Unterstützung der kämpfenden Armenier zu bitten. Nach anderen Meldungen befinden sich französische und englische Offiziere bereits bei den Banden.
Sollte der Herr Kardinalstaatssekretär Mittel und Wege finden, um dem unverantwortlichen Treiben derer, die die Armenier zum nutzlosen Widerstande aufreizen, entgegenzutreten, so könnte dadurch schweres Unglück von dem christlichen Volke abgewandt werden, an dessen Lose Seine Eminenz so warmen Anteil nimmt.
Mit dem Ausdruck der vorzüglichsten Hochachtung
Hertling.