Dokument-Nr. 8495
Hertling, Friedrich Georg Graf von an Pacelli, Eugenio
Berlin, 18. April 1918
"In Trapezunt herrschte strengste Manneszucht. In Tiflis erfuhr ich von glaubwürdigen Augenzeugen (russische Soldaten aus deutschen Kolonien), dass die Armenier in Erzerum in rohester Weise türkische Mädchen schändeten und unter dem Vorwand versteckte Waffen zu suchen, dauernd die zurückgebliebenen islamitischen Bewohner misshandelten.
Auf meinem Reisewege an der Küste konnte ich von armenischen Banden nichts bemerken. Die Schandtaten derselben wurden hauptsächlich im Gebiet zwischen Erzindjan und Baiburt verübt.
Die mir darüber unterwegs gemachten Angaben decken sich mit den inzwischen von der amtlichen türkischen Telegraphen-Agentur veröffentlichten Nachrichten."
Derselbe Beamte berichtet über Mitteilungen, die ihm im Dezember 1917 der in Tiflis gefangen gehaltene belgische Journalist Ernest Simais, Kriegsberichterstatter des "Figaro", ge-
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macht hat, und die ein bezeichnendes Licht auf die Art werfen, wie die Propaganda in der Armenierfrage von Seiten unserer Gegner geführt wird:"Im Juli 1916 ist der französische Journalist Henri Barby (Verfasser des Aufsehen erregenden Buches "Dans les pays des horreurs") an Herrn Simais mit dem Ansuchen herangetreten, im Figaro einen Artikel über die an den Armeniern verübten Gräueltaten zu schreiben. Simais entgegnete ihm, dass er nirgends solche Gräuel beobachtet habe, dagegen sei er Augenzeuge, dass die armenischen Drujinen seinerzeit bei dem Vormarsch der Russen auf Bitlis und Soutschk-Boulak hinter der russischen Front die wehrlosen Einwohner der islamitischen Dörfer erbarmungslos niedergemacht hätten. Barby versuchte nochmals Simais zu dem gewünschten Artikel mit dem Hinweis zu veranlassen, dass ein Honorar von 40.000 Frank für einen kurzen Artikel doch nicht zu verachten sei, worauf Simais erklärte, dass seine Feder nicht käuflich sei. Bald darauf wurde er infolge armenischer Intriguen wegen Spionage-Verdachts verhaftet und unschädlich gemacht. Wie Simais authentisch feststellte, hat Henri Barby niemals einen Fuß aus Tiflis gesetzt. Sein ganzes Buch basiert lediglich auf den Angaben des Portiers vom Hotel d'Orient in Tiflis und armenischen Flüchtlingen. Simais will alsbald ein Buch über die von Armeniern verübten Gräuel herausgeben, sobald er die Freiheit wieder erlangt hat."
Von einer Veröffentlichung dieser Mitteilung muss noch abgesehen werden, da hier nicht bekannt ist, ob sich Simais etwa noch in
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Gefangenschaft befindet, und ihm die Bekanntgabe seiner Aussage schaden könnte. Einer Mitteilung an den Heiligen Stuhl steht jedoch nichts im Wege.Mit der Versicherung vorzüglicher Hochachtung
Graf von Hertling.