Dokument-Nr. 8544

Hartmann, Felix von: Zur Weltkatechismusfrage, 27. Juli 1918

Die folgenden Thesen wurden in den Versammlungen vom 14. Januar und 11. Februar im "Münchener Katechetenverein" beraten, und es wurde beschlossen, dieselben den hochwürdigsten Bischöfen als Meinungsäußerung des Vereins in geziemender Ehrerbietung in Vorlage zu bringen.
1. Eine Vereinheitlichung der Katechismen der ganzen katholischen Christenheit ist an und für sich ein hohes und erstrebenswertes Ideal, dessen Verwirklichung warm begrüßt werden müsste.
2. Der Weltkatechismus könnte aber nicht, wie es auf dem Vatikanischen Konzil geplant war, ein Buch für den ersten Religionsunterricht sein. Denn ein solches dürfte nur Stoffe umfassen, die für die Kleinen notwendig und wünschenswert sind. Auch hat sich für diese Stufe eine enge Verbindung mit der Biblischen Geschichte und eine dementsprechende Anordnung als unvermeidlich herausgestellt. Die notwendige Rücksicht auf die Eigenart der Kleinsten ist mit einer Vereinheitlichung in der ganzen Welt nicht vereinbar.
3. Ist der Weltkatechismus für die volksschulpflichtige Jugend überhaupt berechnet, dann möchte außer der geistigen und kulturellen Verschiedenheit der Völker auch die Tatsache Berücksichtigung finden, daß in Deutschland der Katechismus in den Schulen behandelt und wiederholt durchgenommen wird und demnach eine Anpassung an die einzelnen Altersstufen wünschenswert erscheint. Daher soll sich die normative Geltung des Weltkatechismus nicht auf den Wortlaut, auf die Reihenfolge und eine die Gedanken einführende und ausbauende Erklärung beziehen. Der Weltkatechismus soll also den Charakter eines Grundkatechismus tragen.
4. Der Weltkatechismus soll sowohl in der Anordnung als auch in der Kürze und Faßlichkeit der Darstellung durchaus den Anforderungen der Didaktik entsprechen.
5. Die hochwürdigsten Bischöfe möchten dahin wirken, daß zur Abfassung des Weltkatechismus auch Fachmänner der Katechetik aus Deutschland und Österreich beigezogen werden, und möchten außer den in Gebrauch stehenden Katechismen auch neue Katechismusentwürfe (bes. von Heinrich Stieglitz und Wilhelm Pichler) in je drei Exemplaren in Vorlage bringen.
6. Damit allseitige Erfahrungen gesammelt werden können, möge der Weltkatechismus zunächst nur probeweise zur Einführung kommen.
7. Als Vorarbeit für die Vereinheitlichung des Katechismus möchte eine Vereinheitlichung der "Kirchengebote" und der Fastenverordnungen angebahnt werden.
Oberer rechter Seitenrand, hds. hinzugefügt: Jds. Schioppas: "All. al N. 8129" / von unbekannter Hand: "di Mons. Pacelli".
Empfohlene Zitierweise
Hartmann, Felix von, Zur Weltkatechismusfrage vom 27. Juli 1918, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 8544, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/8544. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 02.03.2011.