Dokument-Nr. 8633
Ellert, Juliusz Aloizy an Michalkiewicz, Kazimierz Mikołaj
Vilnius, 02. Juni 1916

Nach Anordnung Ew. Excellenz wurde die St. Johannespfarrkirche für den Militärgottesdienst bestimmt.
Seit drei Wochen macht das Verhalten des Herrn Etappenpfarrers Albert, die Mitbenutzung der Kirche an Sonn- und Feiertagen fast unmöglich. Der genannte Geistliche hat ohne sich mit mir zu verständigen angeordnet, dass die Zivilpersonen während des Militärgottesdienstes aus der Kirche entfernt werden sollen. Im Laufe des vorigen Monats wurde an den Kirchentüren eine Bekanntmachung angeschlagen, wonach die Kirche während des Militärgottesdienstes für Zivilpersonen verschlossen werden soll. Von 7 1/2 bis 9 1/2, weisen die an allen Kircheneingängen aufgestellten Soldaten die Zivilpersonen ab.
Am 21. V., bereits nach dem Schlusse des Militärgottesdienstes hat der Herr Etappenpfarrer Albert die zum Gottesdienst kommenden Schul- und Waisenkinder aus der Johanneskirche ausgewiesen und dem anwesenden Religionslehrer Pfarrer Araszkiewicz in sehr schroffer Weise gedroht, dass er ihn vor den Behörden anklagen würde, wenn er derartige Störungen im Militärgottesdienste verursachen wird.
Auf Befehl desselben Geistlichen öffnen die Soldaten in
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der Sakristei Schränke und Schubladen, die Messgewänder aussuchend.
Am Himmelfahrtstage trat an mich der Herr Etappenpfarrer Albert und in Gegenwart der ihn begleitenden Soldaten fragte (mich) mit gehobener Stimme weshalb trotz des Verbots einer der mir unterstellten Geistlichen in der Seitenkapelle die Messe liest. Derselbe Geistliche liest gewöhnlich um 8 Uhr in der Fronleichnamskapelle die Messe, wobei die Glöckchen nicht benutzt werden, um den Militärgottesdienst nicht zu stören. Der Pfarrer Albert ist hernach in die Kapelle eingedrungen, hat die Betenden entfernt und die Türe derselben verschlossen.
Durch die Vermittelung des Polizei-Amtes wurde mir ein Schreiben ausgehändigt ohne Unterschrift und Siegel mit einem Befehl bezüglich des Militärgottesdienstes in der St. Johanneskirche. Nach Bischöflicher Anordnung vom 14. Juli 1901 Nr. 1567 habe ich das erwähnte Schreiben zurückerstattet.
Die Abschrift desselben liegt hierbei,
(Unterschrift) gez. Ellert
Erzpriester und Pfarrer der St. Johanneskirche in Wilna.
Empfohlene Zitierweise
Ellert, Juliusz Aloizy an Michalkiewicz, Kazimierz Mikołaj vom 02. Juni 1916, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 8633, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/8633. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 24.03.2010, letzte Änderung am 10.03.2014.