Dokument-Nr. 8706
Michalkiewicz, Kazimierz Mikołaj an Isenburg-Birstein, Franz Josef Fürst von
Vilnius, 18. Mai 1917

Abschrift
Durchlaucht.
Aus Rücksicht auf die Kriegszeit und die mit ihr verbundenen Verkehrsschwierigkeiten, wurden von mir die Versetzungen von Geistlichen, im besonderen von Pfarrvorstehern bis auf die unumgänglichen Notfälle eingeschränkt. Deshalb fanden auch seit der Besetzung des Landes keine Versetzungen im eigenen Sinne des Wortes statt; es waren vielmehr Bestellungen von den wegen der Todes- oder sonstigen Fällen verwaisten Pfarreien und die wenigen meistens damit verbundenen Versetzungen der Pfarrgehilfen, – wenn man die unten in Frage kommende Versetzung der Pfarrer Augun und Suzedel – des einen auf die Stelle des anderen – ausnimmt. Diese Versetzungen angesichts der Zahl von der beinahe 500 in der Diözese Wilna wirkenden Geistlichen und 300 Pfarreien scheinen auch während der Kriegszeit keine besonderen Bedenken verursachen zu sollen.
Es kommen aber Fälle vor, wo aus kirchlichen Gründen eine auch manchmal sofortige Versetzung von Geistlichen trotz alledem vorgenommen werden muss.
Ein derartiger Fall hat in Czabiszki, Kreis Szyrwinty, stattgefunden: ich sah mich gezwungen den Pfarrer Augun aus der dortigen Pfarrei nach Kabele, Kreis Merecz, zu versetzen. Diese Versetzung geschah am 17.1. 17. Auf die Stelle des Pfarrers Augun wurde nach Czabiszki der Pfarrer Suzedel aus Kabele versetzt. Die betreffenden Dokumente wurden der Verwaltung Wilna-Suwałki am 17.1.17 II Nr. 21 zugesandt mit dem Gesuch dieselben den genannten Pfarrern zukommen zu lassen.
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In derselben Zeit wurden die Pfarrgehilfen Kasimir Michniewicz aus Widziniszki und Kasimir Łajewski aus Gedrojcie, Kreis Malaty, nach Swienciany als Pfarrgehilfen versetzt. Die Dokumente an die Geistlichen wurden ebenfalls durch Vermittlung der Verwaltung Wilna-Suwałki am 17.1.17 II Nr. 21 gesandt.
Erst Mitte März und dann im April ist es zufällig zu meiner Kenntnis gekommen, dass alle erwähnten Geistlichen bis jetzt auf ihren Amtsstellen bleiben und durch das Schreiben Euer Durchlaucht vom 27.IV.1917 C. 8. Nr. 153 betreffend die Versetzung der Geistlichen Suzedel und Augun wurde es mir aus Gründen, die in früheren Besprechungen zwischen dem Referenten der Verwaltung und meinem Vertreter den Gegenstand wiederholter Erörterungen gebildet haben, wobei Euer Durchlaucht auf das Schreiben der Verwaltung Wilna-Suwałki vom 13. März 1917 IV 1079/17 verwiesen haben. In diesem Schreiben, das nicht von der Verwaltung Wilna-Suwalki am 13. März, sondern von der Militärverwaltung Litauen am 19. März IV 1079/17 ergangen war, wird es unter Anderem zum Ausdruck gebracht, dass "die Verwaltung bereit ist, dem Übersiedelungsantrage stattzugeben, sofern kirchliche Gründe ihn notwendig machen und diese eingehend dargelegt werden."
Es ergibt sich daraus, dass die Militärverwaltung Litauen und nicht ich, die Diözese Wilna zu verwalten hat; mir aber wird nur das Recht überlassen, die Versetzung der betreffenden Geistlichen zu beantragen unter eingehender Darlegung der dieselbe veranlassenden kirchlichen Gründen, die ja ihrem Wesen nach ausschließlich der geistlichen Behörde zuständig und oft unmittelbar sind.
Euer Durchlaucht kann ich versichern, dass es mir die Absicht fern liegt, irgendwelche Schwierigkeiten mit den Behörden zu schaffen, ich möchte vielmehr die gegenseitigen guten Verhältnisse aufrecht erhalten. Euer Durchlaucht bitte ich deshalb, mir es nicht übel nehmen zu wollen, wenn ich, wie äußerst pein-
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lich es auch mir ist, mich durch das Kirchenrecht gezwungen sehe, gegen eine derartige Stellung der besprochenen Frage aufs nachdrücklichste zu protestieren. Es eben [sic] nichts anderes als eine "Inpeditio iurisdictionis ecclesiasticae", die mir die Erfüllung der mit der Verwaltung der Diözese verbundenen und durch den Apostolischen Stuhl mir anvertrauten Pflichten unmöglich macht und die eine Störung der kirchlichen Disziplin unter der Geistlichkeit und die Herabsetzung meiner Autorität als Administrators der Diözese nach sich ziehen muss.
Angesichts dessen und auf Grund der von Seiner Kaiserlichen Majestät in der Wilnaer Domkirche am 12. Dezember 1915 an mich und an die Vertreter der Geistlichkeit allergnädigst gerichteten feierlichen Worte: "diesem Lande vollständige Freiheit genießen und die katholische Geistlichkeit ungehindert ihren Pflichten nachgehen können wird", wie auch auf Grund der Worte Euer Durchlaucht im Schreiben vom 1. Mai C. 8 Nr. 239, wo Sie mich versichern gewillt zu sein, "die Kirche in allen Stücken zu unterstützen und zu fordern, soweit es in Ihren Kräften steht und die kriegerischen Zeiten es gestatten". Euer Durchlaucht ersuche ich ergebenst es gefälligst veranlassen zu wollen, dass die erwähnten Versetzungsdokumente sobald als möglich den in Frage kommenden Geistlichen eingehändigt und die betreffenden Reisescheine ihnen ausgestellt werden, wie auch dass es in der Zukunft derartigen Schwierigkeiten vorgebeugt werden dürfte.
Euer Durchlaucht ersuche ich ausgehend, dass der Pfarrgeistlichkeit die bis jetzt stattgefundenen Schwierigkeiten im Verkehr mit der Diözesanverwaltung von den Behörden nicht gemacht werden. Es ist soweit gekommen, dass sogar Dechante und Pfarrer wiederholt keine Reisescheine zu ihren dienstlichen Reisen erhalten dürfen, oder dass sie auf dieselben monatelang warten müssen. Der von mir durch Vermittelung der Militärverwaltung Litauen in einer sehr dringenden Angelegenheit berufene Pfarrgehilfe Sopoćko aus Taboryszki erhielt keine Reisegenehmigung-Schreiben der Militärverwaltung Litauen vom
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25.IV.17 Abt. C. 8. 168; ebenfalls durften die telegraphisch berufenen Geistlichen: Pfarrer Pasztis aus Żośle am 12.IV.17, der Dechant Tarasewicz aus Wołkowysk am 12.IV.17 und Pfarrer Swirkowski aus Szcuczyn am 23.IV.17 ihre dienstliche Reise nach Wilna nicht unternehmen.
Apostolischer Administrator der Diözese Wilna Päpstlicher Protonotar
v. Michalkiewicz
i. A. Sekretär S. Lewićki.
Empfohlene Zitierweise
Michalkiewicz, Kazimierz Mikołaj an Isenburg-Birstein, Franz Josef Fürst von vom 18. Mai 1917, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 8706, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/8706. Letzter Zugriff am: 20.04.2024.
Online seit 24.03.2010, letzte Änderung am 10.03.2014.