Januaraufstand und Märzkämpfe in Berlin 1919

Im Zuge der Radikalisierung der politischen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern der Rätebewegung und denen der parlamentarischen Demokratie kam es in Berlin zu Beginn des Jahres 1919 zu blutigen Auseinandersetzungen.
Nach den "Weihnachtskämpfen" um die Auflösung der "Volksmarinedivision" im Dezember 1918 eskalierte die Lage im darauffolgenden Januar. Von der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und den Unabhängigen Sozialdemokraten (USPD) initiierte Proteste gegen die Entlassung des Berliner Polizeipräsidenten Emil Eichhorn, der den Sieg der "Volksmatrosen" ermöglicht hatte, mobilisierten mehr Menschen als erhofft, so dass die KPD sich entschloss, die Proteste bis zum Sturz der Regierung weiterzutreiben und die Wahl zur Nationalversammlung am 19. Januar zu verhindern. Die Bewegung geriet allerdings außer Kontrolle und bewaffnete Aufständische besetzten Zeitungsredaktionen, das Haupttelegrafenamt und die Reichsdruckerei. Die SPD mobilisierte riesige Gegendemonstrationen, die Regierung setzte republikanisch gesinnte Regimenter und Freikorps ein, die die besetzten Gebäude am 11. Januar räumten und den sogenannten "Spartakusaufstand" niederschlugen. Der Einmarsch weiterer Truppen unter General Walther von Lüttwitz am 15. Januar war militärisch nicht mehr notwendig. Diese ermordeten aber noch am gleichen Tag Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Neben den beiden Kommunisten wurden 200 weitere Menschen getötet, darunter auch zahlreiche Gefangene und Parlamentarier. Täter und Verantwortliche für diese Ermordungen wurden in der Regel nicht strafrechtlich belangt.
Die Unruhen waren damit allerdings nicht beendet. Von Januar bis April gab es im Reich immer wieder Generalstreiks, die von der Regierung aufgrund der angespannten Versorgungslage stets durch die Verhängung des Belagerungszustandes und den Einsatz von Militär niedergeschlagen wurden.
Auch in Berlin begann am 3. März 1919 ein Generalstreik. Dieser wurde ab dem 8. März nur noch von der KPD und ihren Anhängern unterstützt, um ihre politischen Forderungen durchzusetzen. Die folgenden Kämpfe zwischen den Streikenden und der Polizei sowie Regierungstruppen forderten mehr als 1.000 Tote, von denen nicht wenige ermordet wurden. Ein Erlass des Reichswehrministers Gustav Noske, nach dem jeder Aufständische, der mit der Waffe in der Hand von den Regierungstruppen gestellt werde, unverzüglich zu erschießen sei, diente den Tätern als Vorwand. Neben unbewaffneten Matrosen befand sich auch der Vorsitzende der KPD, Leo Jogiches, der nicht an den Kämpfen teilgenommen hatte, unter den Ermordeten.
Literatur
BÜTTNER, Ursula, Weimar. Die überforderte Republik. 1918-1933, in: BENZ, Wolfgang (Hg.), Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 18: 20. Jahrhundert (1918-2000), Stuttgart 102010, S. 171-767, hier 284-288.
JUNG, Otmar, "Da gelten Paragraphen nichts, sondern da gilt lediglich der Erfolg…" Noskes Erschießungsbefehl während des Märzaufstandes in Berlin 1919 – rechtshistorisch betrachtet, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 45 (1989), S. 51-79.
KOLB, Eberhard, Die Weimarer Republik (Oldenbourg Grundriss der Geschichte 16), München 72009, S. 16 f., 21.
SCHARRER, Manfred, Die Spaltung der Arbeiterbewegung, Stuttgart 21985, S. 195-220.
Empfohlene Zitierweise
Januaraufstand und Märzkämpfe in Berlin 1919, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 10010, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/10010. Letzter Zugriff am: 27.12.2024.
Online seit 04.06.2012, letzte Änderung am 13.08.2012.
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