Besetzung des bischöflichen Stuhls von Rottenburg und die Bischofswahl von 1926/27
Am 16. Juli 1926 starb der Rottenburger Bischof Paul Wilhelm von Keppler. Nach der Novemberrevolution 1918 war jedoch umstritten, ob die oben genannte Bulle und mit ihr der Wahlmodus fortgalten. Pacelli hatte bei anderen ähnlich gelagerten Besetzungsfällen bischöflicher Stuhle versucht, das Domkapitel auszuschalten und ein päpstliches Einsetzungsrecht durchzusetzen. Da die Weimarer Reichsverfassung und das württembergische Kirchengesetz vom 3. März 1924 auf die Vorlage einer Kandidatenliste bei der Regierung verzichteten, sah der Heilige Stuhl die Bulle für vollständig erloschen an. Domkapitel und Regierung hielten jedoch am Kapitelswahlrecht fest. Da die württembergische Regierung nicht zu offiziellen Verhandlungen mit dem Heiligen Stuhl über eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen katholischer Kirche und Staat bereit war, schlossen Rom und Stuttgart einen Kompromiss. Rom legte dem Kapitel eine Dreierliste vor, aus der es den Bischof wählte. Das Verfahren stellte jedoch kein Präjudiz für zukünftige Vakanzen des Rottenburger Stuhls dar. Am 12. März 1927 wählten die Domherren zwischen dem Rottenburger Weihbischof Joannes Baptista Sproll, dem ehemaligen Tübinger und mittlerweile Breslauer Philosophieprofessor Ludwig Baur und dem Direktor des Tübinger Wilhelmstifts Georg Stauber. Die Wahl fiel auf Sproll. Am 29. März 1927 stellte der Papst die entsprechende Ernennungsbulle aus. Weil Sproll unterdessen bei Pacelli denunziert worden war, Vater eines Kindes zu sein, leitete der Nuntius die Bulle erst am 23. Mai 1927 nach Rottenburg weiter, nachdem sich der Vorwurf als haltlos herausgestellt hatte. Am 14. Juni 1927 wurde der neue Bischof inthronisiert.
Literatur
WOLF, Hubert, Die Affäre Sproll. Die Rottenburger Bischofswahl von 1926/27 und ihre
Hintergründe, Ostfildern 2009.