Besprechungen Graf von Hertlings mit den Vertretern der Reichstagsparteien vom 28. bis 30. Oktober 1917
Hertling traf sich zuerst mit dem Zentrumsabgeordneten Matthias Erzberger in Vertretung des Fraktionsvorsitzenden der Zentrumspartei, Karl Trimborn, und danach mit dem Fraktionsvorsitzenden der Deutschkonservativen Partei, Kuno Graf von Westarp. Dieser unterstützte zwar die Kanzlerschaft Hertlings, gehörte aber nicht den Mehrheitsparteien an. Die Führer der weiteren Mehrheitsvertreter, mit denen Hertling an den beiden folgenden Tagen sprach (Gustav Stresemann von der Nationalliberalen Partei, Konrad Haussmann und Otto Fischbeck von der Fortschrittlichen Volkspartei sowie Friedrich Ebert von den Mehrheitssozialdemokraten), lehnten ebenfalls die Trennung der beiden Ämter ab. Darüber hinaus forderten sie die Aufhebung des Artikels 9 der Reichsverfassung. Dadurch würde das Verbot der Aufnahme von Parlamentariern in die Reichsleitung und das preußische Kabinett aufgehoben werden. Dies taten sie in bewusstem Gegensatz zu Hertling, der sich öffentlich dagegen und somit auch gegen die Parlamentarisierung des Reichs ausgesprochen hatte.
Nach der Ablehnung seiner Person durch die Mehrheitsparteien wollte Hertling auf die Kanzlerschaft verzichten, doch die diesbezüglichen Verhandlungen wurden weitergeführt.
Quellen
MATTHIAS, Erich/MORSEY, Rudolf (Hg.), Der Interfraktionelle Ausschuß 1917/18,
Bd. 1 (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien.
Reihe 1: Von der konstitutionellen Monarchie zur parlamentarischen Republik 1),
Düsseldorf 1959, Nr. 71a-e, S. 334-362.
Literatur
BERMBACH, Udo, Vorformen parlamentarischer Kabinettsbildung in Deutschland. Der
Interfraktionelle Ausschuss 1917/18 und die Parlamentarisierung der Reichsregierung
(Politische Forschungen, 8), Köln 1967.
HUBER, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 5: Weltkrieg,
Revolution und Reichserneuerung 1914-1919, Stuttgart u. a. 1978, S. 388-395.