Stolgebühren

Der kirchenrechtliche Begriff "Stolgebühren" bezeichnete finanzielle Leistungen, die ein Geistlicher für die liturgische Feier der Sakramente und Sakramentalien (z.B. Segnungen, Beerdigungen) erhielt. Etymologisch hat sich der deutsche Begriff aus einer Umschreibung entwickelt, die alle liturgischen Handlungen umfasst, für die der jeweilige Kleriker eine Stola umlegt.
Die Stolgebühren, die die Gläubigen entrichteten, entsprachen keiner tariflichen Abgeltung der geistlichen Leistungen des Priesters, vielmehr waren sie als freiwillige Spenden zu verstehen. Auf der anderen Seite waren die Gebühren diözesan bzw. überdiözesan (etwa auf der Ebene der Kirchenprovinz) in sogenannten Stolgebührenordnungen geregelt (can. 1234 CIC/1917). Das Stolgebührenwesen wies daher eine doppelte Struktur auf, da die finanziellen Zuwendungen sowohl als freiwillige Spenden deklariert als auch wie eine Art Pflichtabgabe als Teil des Einkommens eines Geistlichen festgelegt waren. Gerade aber die Freiwilligkeit der Gebühr war entscheidend, da jeglicher Verdacht des Kaufs geistlicher Güter (z.B. Kommunion, Sündenvergebung) bzw. der Simonie von vornherein ausgeschlossen werden sollten (can. 730 CIC/1917).
Die Grenzen der Erhebung von Stolgebühren fanden sich dort, wo diese Zahlungen etwa als Mittel der Diskriminierung von Gläubigen oder der Bereicherung des einzelnen Geistlichen genutzt wurden. Beides wurde im CIC/1917 entschieden verurteilt (can. 736, can. 1235 CIC/1917). Bedürftige Menschen durften daher keinesfalls vom Empfang der Sakramente ausgeschlossen werden, vielmehr waren die Stolgebührenordnungen nach dem jeweiligen Einkommen gestaffelt gestaltet, wobei die Zahlung der Gebühren bei armen Gemeindemitglieder entfiel.
Durch die Einführung der Kirchensteuer ging die Bedeutung der Stolgebühren deutlich zurück.
Quellen
1917 Codex Iuris Canonicis, cann. 727-730, 736, 1234-1237, in: www.jgray.org (Letzter Zugriff am: 08.03.2016).
Codex Iuris Senior, can. 727-730, 736, in: www.catho.org (Letzter Zugriff am: 08.03.2016).
Codex Iuris Senior, cann. 1234-1237, in: www.catho.org (Letzter Zugriff am: 08.03.2016).
GASPARRI, Pietro (Hg.), Codex Iuris Canonici Pii X Pontificis Maximi iussu digestus, Benedicti Papae XV auctoritate promulgatus, Rom 1917, cann. 727-730, in: www.archive.org (Letzter Zugriff am: 08.03.2016).
GASPARRI, Pietro (Hg.), Codex Iuris Canonici Pii X Pontificis Maximi iussu digestus, Benedicti Papae XV auctoritate promulgatus, Rom 1917, can. 736, in: www.archive.org (Letzter Zugriff am: 08.03.2016).
GASPARRI, Pietro (Hg.), Codex Iuris Canonici Pii X Pontificis Maximi iussu digestus, Benedicti Papae XV auctoritate promulgatus, Rom 1917, cann. 1234-1237, in: www.archive.org (Letzter Zugriff am: 08.03.2016).
Literatur
EICHMANN, Eduard / MÖRSDORF, Klaus, Lehrbuch des Kirchenrechts auf Grund des Codex Iuris Canonici, Bd. 2: Sachenrecht, München / Paderborn / Wien 1958, S. 357-359.
PAARHAMMER, Hans, Stolgebühren, in: Lexikon für Theologie und Kirche3 9 (2000), Sp. 1017 f.
SCHARNAGL, Anton, Stolgebühren, in: Lexikon für Theologie und Kirche 9 (1937), Sp. 840 f.
Empfohlene Zitierweise
Stolgebühren, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 1107, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/1107. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 25.06.2013, letzte Änderung am 24.06.2016.
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