Konkordat mit Bayern von 1924

Das Konkordat zwischen Pius VII. und dem bayerischen König Maximilian I. Josef vom 5. Juni 1817 hatte mit dem Sturz der Monarchie seinen staatlichen Vertragspartner verloren. Zwar war die bayerische Regierung einer fortgesetzten Gültigkeit des Konkordats von 1817 zugeneigt, jedoch trat insbesondere Eugenio Pacelli für Ausarbeitung und Unterzeichnung eines neuen ein.
Die Verhandlungen begannen offiziell Anfang 1920. Pacelli wurde dabei vom Münchener Erzbischof Michael von Faulhaber und der Bayerischen Volkspartei (BVP) unterstützt. Der Verhandlungsprozess gestaltete sich jedoch zäh und wurde aufgrund des mangelnden Interesses der Ministerialbürokratie immer wieder verschleppt. Sie wollte sich möglichst lange die staatlichen Eingriffsmöglichkeiten in die kirchlichen Belange, die das Religionsedikt von 1818 bot, erhalten. Hinzu kamen Verzögerungen durch die Regierungswechsel und zwischenzeitliche Überlegungen zu einem Reichskonkordat. Auch die Versuche von Mitgliedern der bayerischen Domkapitel, das Recht der Bischofswahl für sich zu reklamieren, waren einer zügigen Verabschiedung hinderlich.
Im Frühjahr 1924 kamen die Verhandlungen jedoch zu einem Abschluss. Am 18. März 1924 erklärte Reichkanzler Wilhelm Marx sein Einverständnis, am 29. März 1924 wurde das Konkordat unterzeichnet und am 15. Januar 1925 vom Landtag angenommen.
Wichtige Punkte waren die Gewährleistung der freien und öffentlichen Ausübung der katholischen Religion (Art. 1) sowie das Nihil obstat der Diözesanbischöfe bei der Ernennung und Zulassung der Professoren und Dozenten an den Katholischen Universitätsfakultäten und höheren Lehranstalten (Art. 3). Daneben legte das Konkordat fest, dass der Unterricht an den Volksschulen grundsätzlich konfessionell gebunden war, ebenso die Lehrerbildung (Art. 5). Sofern es schulorganisatorisch möglich war, waren auf Antrag der Erziehungsberechtigten katholische Volksschulen zu errichten (Art. 6). Der Religionsunterricht sollte an allen Schulformen ordentliches Lehrfach unter kirchlicher Aufsicht sein (Art. 7 u. 8). Die Orden und religiösen Kongregationen wurden zur Gründung und Führung von Privatschulen berechtigt (Art. 9). Daneben wurden im Konkordat die vermögensrechtlichen Verpflichtungen des Staates gegenüber der Kirche aus dem Konkordat von 1817 neu geordnet (Art. 10). Des Weiteren wurde die freie Besetzung der Bischofs- und Erzbischofsstühle sowie der Kanonikate der dortigen Domkapitel durch den Heiligen Stuhl garantiert (Art. 14).
Das Bayernkonkordat war das erste Konkordat des Heiligen Stuhls mit einem deutschen Staat nach der Novemberrevolution 1918 und stellte auf Grundlage der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 den Prototyp für die Regelung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat, nicht nur in Deutschland, dar. Ihm folgten das Preußenkonkordat von 1929, das jedoch die Schulfrage ausklammerte, das Badenkonkordat von 1932 und das Reichskonkordat von 1933. Das Bayernkonkordat galt als persönlicher Erfolg Eugenio Pacellis als Nuntius in München. Nach dessen Abschluss verließ er München und siedelte endgültig als Nuntius nach Berlin über.
Quellen
Bayerisches Konkordat vom 29. März 1924, in: LISTL, Josef (Hg.), Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, Textausgabe für Wissenschaft und Praxis. Bd. 1, Berlin 1987, S. 289-323.
Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Bayern vom 29. März 1924, in: HUBER, Ernst Rudolf / HUBER, Wolfgang (Hg.), Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert, Bd. 4: Staat und Kirche in der Zeit der Weimarer Republik, Berlin 21990 ND Darmstadt 2014, Nr. 174, S. 299-305.
MERCATI, Angelo (Bearb.), Raccolta di Concordati su Materie Ecclesiastiche tra la Santa Sede e le Autorità Civil, Bd. 2: 1915-1954, Rom 1954, S. 18-30.
SCHÖPPE, Lothar (Bearb.), Konkordate seit 1800. Originaltext und deutsche Übersetzung der geltenden Konkordate (Dokumente 35), Frankfurt am Main / Berlin 1964, S. 46-51.
Literatur
BUSLEY, Hermann-Joseph, Bayerisches Konkordat, 1924, in: Historisches Lexikon Bayerns, in: www.historisches-lexikon-bayerns.de (Letzter Zugriff am: 22.01.2016).
HEINRITZI, Florian, Die Neuordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche in Bayern nach dem Ersten Weltkrieg. Genese und Bedeutung des Bayerischen Konkordates von 1924/25, in: ZEDLER, Jörg (Hg.), Der Heilige Stuhl in den internationalen Beziehungen 1870-1939 (Spreti-Studien 2), München 2010, S. 203-225.
HÜRTEN, Heinz, Die katholische Kirche seit 1800, in: SCHMID, Alois (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. 4: Das Neue Bayern. Von 1800 bis zur Gegenwart, Teilbd. 2: Die innere und kulturelle Entwicklung, München 22007, S. 300-330, hier 318 f.
LISTL, Josef, Die konkordatäre Entwicklung von 1817 bis 1988, in: BRANDMÜLLER, Walter (Hg.), Handbuch der bayerischen Kirchengeschichte, Bd. 3: Vom Reichsdeputationshauptschluss bis zum Vatikanischen Konzil, St. Ottilien 1991, S. 427-464, hier 447-455.
LISTL, Josef, (Hg.), Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, Textausgabe für Wissenschaft und Praxis, Bd. 1, Berlin 1987, S. 287-323, 508-523.
Empfohlene Zitierweise
Konkordat mit Bayern von 1924, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 11169, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/11169. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 04.06.2012, letzte Änderung am 26.06.2019.
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