Konkordat mit Bayern von 1817, Artikel 12

"In Leitung der Diöcesen sind die Erzbischöfe und Bischöfe befugt, alles dasjenige auszuüben, was ihnen vermöge ihres Hirtenamtes kraft der Erklärung oder Anordnung der canonischen Satzungen nach der gegenwärtigen und vom heil. Stuhle bestätigten Kirchendisciplin zusteht und insbesondere: a) zu Vicaren, Rathgebern und Gehilfen in ihrer Verwaltung Geistliche, welche sie immer hierzu tauglich finden werden, aufzustellen; b) Alle diejenigen in den geistlichen Stand aufzunehmen, und mit den canonischen Titeln zu den höheren Weihen zu befördern, welche sie für ihre Diöcese nothwendig und nützlich erachten, wenn dieselben vorher die von den Erzbischöfen und Bischöfen selbst oder ihren Vicaren mit Beziehung der Synodal-Examinatoren vorzunehmende Prüfung bestanden haben, dagegen diejenigen, welche sie unwürdig finden, vom Empfange der Weihen auszuschliessen, ohne dass sie hierin unter irgend einem Vorwande gehindert werden können. c) Geistliche Sachen und insbesondere Ehesachen, welche nach dem Canon 12. Sess. 24 des heil. Conciliums von Trient vor den geistlichen Richter gehören, bei ihrem Gerichte zu verhandeln und zu entscheiden. Ausgenommen davon sind die rein bürgerlichen Angelegenheiten der Geistlichen, z.B. Verträge, Schuld- und Erbschafts-Sachen, worüber den weltlichen Richtern die Verhandlung und Entscheidung zusteht; d) Gegen Geistliche, welche eine Ahndung verdienen, oder keine ehrbare geistliche, ihrem Stande und ihrer Würde anständige Kleidung tragen, die von dem heil. Concil von Trient bestimmten oder ihnen sonst zweckmässig scheinenden Strafen unter Vorbehalt des canonischen Recurses zu verhängen, und dieselben in die Seminarien oder andere dazu bestimmte Häuser zu versetzen, auch gegen jeden der Gläubigen, welche sich der Uebertretungen der Kirchensatzungen und der heiligen Canonen schuldig machen, kirchliche Censuren anzuwenden; e) Nach der Erfordernis des geistlichen Hirtenamtes sich dem Clerus und dem Volke der Diöcese mitzutheilen, und ihren Unterricht und ihre Anordnungen in kirchlichen Gegenständen frei kund zu machen; übrigens bleibt die Communication der Bischöfe, des Clerus und des Volkes mit dem heil. Stuhle in geistlichen Dingen und kirchlichen Angelegenheiten völlig frei; f) Im Einverständnis mit Sr. Königlichen Majestät, besonders wegen Anweisung angemessener Bezüge, Pfarreien zu errichten, zu theilen und zu vereinigen; g) Oeffentliche Gebete und andere fromme Uebungen vorzuschreiben und anzulegen, wenn dieses das Wohl der Kirche, des Staates, oder des Volkes erheischt, und darauf zu sehen, dass bei den kirchlichen Verrichtungen, besonders aber in der Messe und der Ausspendung der Sacramente die lateinische Kirchenformeln gebraucht werden."
Quellen
Das Baierische Konkordat. Abgeschlossen zu Rom am 5. Juni 1817, in: KREMER-AUENRODE, Hugo von (Hg.), Actenstücke zur Geschichte des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche im 19. Jahrhundert I/II. Mit Anmerkungen von Hugo von Kremer-Augenrode, Bd. 1: Die Actenstücke bis zur Enzyclica und Syllabus vom 8. December 1864, Hildesheim / New York 1976, Nr. 4746, S. 30-38, hier 35 f.
Das Konkordat vom 5. Juni 1817 (lateinische Fassung), in: HAUSBERGER, Karl, Staat und Kirche nach der Säkularisation. Zur bayerischen Konkordatspolitik im frühen 19. Jahrhundert, St. Ottilien 1983, S. 309-318, hier 315 f.
Übereinkunft zwischen Bayern und dem Heiligen Stuhl vom 5. Juni 1817, in: HUBER, Ernst Rudolf / HUBER, Wolfgang (Hg.), Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des deutschen Staatskirchenrechts, Bd. 1: Staat und Kirche vom Ausgang des alten Reichs bis zum Vorabend der bürgerlichen Revolution, Berlin 21990 ND Darmstadt 2014, Nr. 73, S. 170-177, hier 176.
Empfohlene Zitierweise
Konkordat mit Bayern von 1817, Artikel 12, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 13092, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/13092. Letzter Zugriff am: 23.11.2024.
Online seit 31.07.2013, letzte Änderung am 20.01.2020.
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