Preußische Verfassung vom 31. Januar 1850
Wie schon die Verfassung von 1848 garantierte sie das Selbstverwaltungsrecht der Religionsgesellschaften und die "für ihre Kultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds" (Art. 15). Über "das Kirchenpatronat und die Bedingungen, unter welchen dasselbe aufzuheben", sollte noch immer ein besonderes Gesetz ergehen (Art. 17), was jedoch weiterhin nicht geschah. In Artikel 18 wurden dagegen die Formulierungen der Verfassung von 1848 zuungunsten der Kirchen eingeschränkt: "Das Ernennungs-, Vorschlags-, Wahl- und Bestätigungsrecht bei Besetzung kirchlicher Stellen ist, so weit es dem Staate zusteht, und nicht auf dem Patronat oder besonderen Rechtstiteln beruht, aufgehoben. Auf die Anstellung von Geistlichen beim Militair und an öffentlichen Anstalten findet diese Bestimmung keine Anwendung." Artikel 19 wiederum überließ die Einführung der Zivilehe einem besonderen Gesetz, das erst 1874 erlassen werden sollte. Die in Artikel 12 garantierte Religionsfreiheit wurde in Artikel 14 konterkariert: "Die christliche Religion wird bei denjenigen Einrichtungen des Staats, welche mit der Religionsübung im Zusammenhange stehen, unbeschadet der im Art. 12 gewährleisteten Religionsfreiheit zum Grunde gelegte."
Die Schulaufsicht lag beim Staat (Art. 23). Der Religionsunterricht an den Volksschulen sollte von den betreffenden Religionsgesellschaften geleitet, bei der Einrichtung der öffentlichen Volksschulen die konfessionellen Verhältnisse möglichst berücksichtigt werden (Art. 24).
Die Verfassung von 31. Januar 1850 blieb bis zur Novemberrevolution 1918 in Kraft.
Quellen
Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850, in: HUBER,
Ernst Rudolf (Hg.), Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 1: Deutsche
Verfassungsdokumente 1803-1850, Stuttgart 1961, S. 401-414, hier 402 f.
Literatur
LENGER, Friedrich (Hg.), Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 15: 19. Jahrhundert (1806-1918). Industrielle
Revolution und Nationalstaatsgründung (1849-1870er Jahre), Stuttgart
102003, S. 17-381, hier 238, 247, 275-277.