Patronatsrecht in Baden
Bei der Gründung des Erzbistums Freiburg, das zugleich badisches Landesbistum war, lagen sämtliche nicht privaten Patronats- und Kollaturrechte beim Landesherrn, der diese im Nachgang zur Säkularisation von 1803 an sich gezogen hatte. Der Erzbischof konnte daher nur geringen Einfluss auf die Besetzung der Pfarreien und anderer Seelsorgestellen nehmen, was immer wieder zu großen Konflikten führte. Das Konkordat von 1859 gewährleistete das Patronatsrecht einzelner Privatpersonen wie auch des Staates in vollem Umfang und unterstellte es bei Streitfragen neben der kirchlichen auch der staatlichen Gerichtsbarkeit. Nach dem Scheitern des Konkordats im Landtag wurde jedoch durch die Gesetze über die Besetzung der katholischen Kirchenpfründe vom 20. November 1861 eine Form der Kooperation bei der Besetzung der Pfarreien gefunden. Bei 304 Pfarreien behielt der Landesherr und damit die katholische Sektion des Kultusministeriums das Patronats- und Präsentationsrecht während 163 Pfarreien direkt durch den Erzbischof besetzt wurden; hinsichtlich der übrigen 132 öffentlichen Patronate konnte keine Einigung erzielt werden. Bei der Besetzung arbeiteten Ordinariat und Ministerium zusammen, indem jeweilige Einschätzungen über die Eignung der Kandidaten ausgetauscht wurden.
In der Badischen Verfassung vom 21. März 1919 wurden die staatlichen Patronate aufgegeben, was den kirchlichen Bestrebungen zur Eindämmung des Patronatswesens entgegenkam, wie sie im CIC von 1917 (cann. 1448-1471 CIC/1917) deutlich zutage traten. Im Zuge der Konkordatsverhandlungen mit dem Freistaat Baden war somit nur noch der Status privatrechtlicher Patronate zu klären.
Quellen
Badische Verfassung vom 21. März 1919, in: HUBER, Ernst Rudolf / HUBER, Wolfgang
(Hg.), Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des
deutschen Staatskirchenrechts, Bd. 4: Staat und Kirche in der Zeit der Weimarer
Republik, Berlin 21990 ND Darmstadt 2014, Nr. 103,
S. 142 f.
Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Baden vom 12. Oktober
1932, in: HUBER, Ernst Rudolf / HUBER, Wolfgang (Hg.), Staat und Kirche im 19. und
20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des deutschen Staatskirchenrechts,
Bd. 4: Staat und Kirche in der Zeit der Weimarer Republik, Berlin
21990 ND Darmstadt 2014, Nr. 193, S. 354-356, hier 356.
Landesherrliche Verordnung, die Besetzung der katholischen Kirchenpfründe betreffend
vom 20. November 1861, in: HUBER, Ernst Rudolf / HUBER, Wolfgang (Hg.), Staat und
Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des deutschen
Staatskirchenrechts, Bd. 2: Staat und Kirche im Zeitalter des
Hochkonstitutionalismus und des Kulturkampfes 1848-1890, Berlin 21990 ND
Darmstadt 2014, Nr. 103, S. 244.
Übereinkunft zwischen Papst Pius IX. und Großherzog Friedrich I. zur
Regelung der Angelegenheiten der katholischen Kirche im Großherzogtum Baden vom
28. Juni 1859, in: HUBER, Ernst Rudolf / HUBER, Wolfgang (Hg.), Staat und Kirche im
19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des deutschen
Staatskirchenrechts, Bd. 2: Staat und Kirche im Zeitalter des
Hochkonstitutionalismus und des Kulturkampfes 1848-1890, Berlin 21990 ND
Darmstadt 2014, Nr. 91, S. 220-227, hier 220.
Literatur
BECKER, Josef, Liberaler Staat und Kirche in der Ära von Reichsgründung und
Kulturkampf. Geschichte und Strukturen ihres Verhältnisses in Baden 1860-1876, Mainz
1973, S. 84 f.
BRAUN, Karl-Heinz, Kirche im liberalen Bürgerstaat. Das Erzbistum von der Mitte des
19. Jahrhundert bis zum Ende der Monarchie 1918, in: SMOLINSKY, Heribert (Hg.),
Geschichte der Erzdiözese Freiburg, Bd. 1: Von der Gründung bis 1918, Freiburg im
Breisgau 2008,S. 121-210, hier 148.
SCHMIDER, Christoph, Zum Verhältnis von Kirche und Staat in den ersten Jahrzehnten des
Erzbistums Freiburg, in: SMOLINSKY, Heribert (Hg.), Geschichte der Erzdiözese Freiburg,
Bd. 1: Von der Gründung bis 1918, Freiburg im Breisgau 2008, S. 77-119, hier
100.