Katholische Aktion

Die Katholische Aktion ist eine bestimmte Organisationsform von Vereinen und Zusammenschlüssen der katholischen Laien, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, besonders aber seit dem Pontifikat Pius XI. gefördert und systematisiert wurde.
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts hatten sich in den verschiedenen europäischen Staaten mehr oder weniger stark Vereine und Verbände katholischer Laien entwickelt, die für die spezifisch katholischen – im 19. Jahrhundert in erster Linie ultramontanen – Positionen in einer sich verändernden Gesellschaft eintraten. Die Päpste reagierten seit Leo XIII. auf diese Bewegungen und bestärkten Sie in ihrer Treue zur Kirche. Auch Pius X., der sich immer wieder der Seelsorge widmete, sah eine große Aufgabe darin, die Laien als glaubhafte Zeugen für ihre Kirche zu unterstützen. Den entscheidenden Punkt bei der Entwicklung der katholischen Aktion setzte Pius XI. mit seiner Antrittsenzyklika "Ubi arcano" von 1922, in der er den Laien den apostolischen Dienst zugestand, den Glauben im Alltag zu vertreten und in der modernen Welt sichtbar zu machen. Diese Aufgabe wurde freilich in enger Abstimmung mit den kirchlichen Autoritäten verstanden. Als Begründung diente die Zugehörigkeit zur Kirche als Leib Christi, in dem alle Teile zur Verkündigung berufen sind (1 Kor 12,12-31; 1 Petr 2,5-10). Durch Taufe und Firmung erhält jeder Katholik die Befähigung zu diesem Dienst.
Um dieses theologische Konzept der Teilhabe der Gläubigen am Verkündigungsauftrag der Kirche zu verwirklichen, wurde ab 1922 speziell für Italien mit der Katholischen Aktion eine flächendeckende Laienorganisation geschaffen, die für alle Altersgruppen und Stände eigene Verbände bereithielt und die unter der Leitung des Episkopats standen. Vor dem Hintergrund des aufkommenden Faschismus im Italien der 1920er Jahre sollten die Maßnahmen der Katholischen Aktion die Einheit der Katholiken stärken und diese vor dem Einfluss des Staates schützen. In unterschiedlichen Ländern wie Frankreich, der Schweiz oder Teilen Südamerikas wurde dieses Konzept unterschiedlich rezipiert und den regionalen Gegebenheiten angepasst.
In Deutschland hingegen gab es seit dem 19. Jahrhundert – besonders jedoch seit der Zeit des Kulturkampfes – ein breit aufgestelltes Vereins- und Verbandswesen, in dem sich die Laien selbstbewusst organisierten. Angesichts dessen wurde im deutschen Katholizismus über die Notwendigkeit der Aufnahme der römischen Idee von der Katholischen Aktion diskutiert. Die römische Position gegenüber dem deutschen Verbandskatholizismus war im Grundsatz positiv, wenn auch kritisch gegenüber dem von der Hierarchie unabhängigen Agieren der Laien, was sich etwa in Pacellis Rede auf dem Katholikentag in Magdeburg 1928 niederschlug. Der Nuntius betonte, dass das neue Konzept der Katholischen Aktion keineswegs gegen das bestehende Verbandswesen gerichtet sei, sondern vielmehr eine einigende Orientierung und stärkere Ausrichtung auf die Lehre der Kirche darstellen sollte. Die Vereine sollten insofern Katholische Aktion werden, als sie sich stärker auf ihre verbindende Katholizität untereinander und ihre Verbundenheit mit dem Episkopat und dem Heiligen Stuhl konzentrieren sollten. Dahinter stand das Streben nach Vereinheitlichung und Zentralisierung der Vereinsarbeit, vor allem aber nach der Eindämmung der von der kirchlichen Hierarchie unabhängigen Arbeit der deutschen Laien. Eine zurückhaltendere Handschrift trugen die Richtlinien für die Katholische Aktion, die die Fuldaer Bischofskonferenz am 6. August 1929 verabschiedete. Die Bischöfe, die die deutschen Verbände für ausreichend hielten, waren sich des Sinns eines Verbandswesens von der Wiege bis zur Bare, das der Vertiefung der Glaubenskenntnis und der Verbundenheit mit der Kirche (sentire cum Ecclesia) auf Seiten der katholischen Bevölkerung dienen sollte, wohl bewusst. Gemeinschaftserlebnis und Bildungsangebote (Presse, Bücher, neue Medien, Vorträge, Veranstaltungen, Schulungen) sollten verbessert werden. Mehr als die Integration der Katholischen Aktion in das Verbändesystem – ein entgegengesetztes Vorgehen war eigentlich von Rom gewünscht – war jedoch an Veränderungen von den deutschen Bischöfen nicht vorgesehen. Wie bisher auch sollten die Laien nach außen in die Gesellschaft hinausstrahlen und vor allem durch caritatives Handeln den sozialen Frieden und die öffentliche Ordnung stärken. Als zentraler Ort der deutschen Katholischen Aktion wurde die Pfarrgemeinde angesehen. Sie sollte aus neu geschaffenen Unterausschüssen auf regionaler Ebene bestehen, deren Förderung dem jeweiligen Ortsbischof überlassen war, nicht aber aus einem Dachverband nach italienischem Vorbild.
Eine Angleichung an die römischen Vorstellungen wurde also nicht verfolgt, was den Unmut Pacellis über einige Bischöfe, besonders aber den Breslauer Erzbischof Kardinal Bertram, hervorrief. Denn dieser hatte als Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenz entscheidend an der Positionierung des deutschen Episkopats zur Umsetzung der Katholischen Aktion in Deutschland mitgewirkt.
Quellen
Enzyklika "Ubi arcano Dei" vom 23. Dezember 1922, in: Acta Apostolicae Sedis 14 (1922), S. 673-700, in: www.vatican.va (Letzter Zugriff am: 10.02.2016).
PACELLI, Eugenio, Wesen und Aufgabe der Katholischen Aktion, in: KAAS, Ludwig (Hg.), Eugenio Pacelli. Erster Apostolischer Nuntius beim Deutschen Reich. Gesammelte Reden, Berlin 1930, S. 137-140.
Richtlinien der Fuldaer Bischofskonferenz zur Katholischen Aktion vom 6. August 1929, in: HÜRTEN, Heinz (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1918-1933, Bd. 2: 1926-1933 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte A 51), Paderborn u. a. 2007, Nr. 476, S. 969-976.
Literatur
ALGERMISSEN, Konrad, Katholische Aktion, in: Lexikon für Theologie und Kirche 5 (1933), Sp. 902-908.
BECHER, Paul, Katholische Aktion, in: Lexikon für Theologie und Kirche3 5 (1996), Sp. 1347 f.
KÖHLER, Joachim, Adolf Kardinal Bertram als Promotor der Katholischen Aktion, in: STASIEWSKI, Bernhard, Adolf Kardinal Bertram: sein Leben und Wirken auf dem Hintergrund der Geschichte seiner Zeit (Forschungen und Quellen zur Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands 24,1), Köln / Weimar / Wien 1992, S. 99-117.
KÖHLER, Joachim, Katholische Aktion und politischer Katholizismus in der Endphase der Weimarer Republik, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 2 (1983), S. 141-153.
UNTERBURGER, Klaus / WOLF, Hubert (Bearb.), Eugenio Pacelli. Die Lage der Kirche in Deutschland 1929 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte A 50), Paderborn u. a. 2006, S. 84-88.
Empfohlene Zitierweise
Katholische Aktion, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 198, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/198. Letzter Zugriff am: 24.11.2024.
Online seit 30.10.2012, letzte Änderung am 15.02.2016.
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