Bayerische Mittelpartei (BMP) / Deutschnationale Volkspartei in Bayern

Die Bayerische Mittelpartei (BMP) wurde am 24. November 1918 in Nürnberg gegründet. Am 13. März 1920 schloss sie sich der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) an und fügte ihrem Namen "Deutschnationale Volkspartei in Bayern" zu.
Wie in der DNVP sammelten sich in der BMP zahlreiche national-konservative und völkische Gruppierungen, unter denen das deutschnational gesinnte protestantisch-mittelständische Bürger- und Bauerntum Frankens herausragte.
Die BMP befand sich am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums in Bayern in Nähe zu den rechtsbürgerlichen Kräften der Deutschen Volkspartei (DVP) und der Bayerischen Volkspartei (BVP). Das enge Verhältnis zur DVP zeigte sich im Wahlbündnis und der gemeinsamen Landtagsfraktion von 1920 bis 1928. Die Verbindung zur BVP kam in der langjährigen gemeinsamen Koalitionsregierung zum Ausdruck.
Der BMP erreichte erstmals nach der Zerschlagung der Räterepublik und dem folgenden Rechtsruck in Bayern in den Land- und Reichstagswahlen am 6. Juni 1920 mit 13,5 Prozent (zusammen mit der DVP) bzw. 14,0 Prozent der Stimmen beachtliche Wahlerfolge. Bei der Regierungsbildung beteiligte sich die BMP an der Koalition unter Gustav Ritter von Kahr. Schon am 11. September 1921 aber traten von Kahr und der Justizminister Roth (BMP) aus Protest gegen das nach dem Mord an Matthias Erzberger erlassene Republikschutzgesetz zurück. Als es 1922 erneut zum Konflikt zwischen Bayern und dem Reich kam, weil der Reichstag nach dem Mord an Walter Rathenau abermals ein Republikschutzgesetz erließ, wurde die Koalition wiederbelebt. Der BMP-Politiker Franz Gürtner wurde Justizminister und betrieb bis zu seinem Ausscheiden 1932 die "Deutschnationalisierung" der bayerischen Justiz. Allerdings verursachte die Kompromissbereitschaft Gürtners gegenüber dem Reich schon 1922 eine erste Parteispaltung, bei der die Völkischen die BMP verließen.
Den Höhepunkt ihres Erfolges erreichten die bayerischen Deutschnationalen bei den Land- und Reichstagswahlen vom 6. April bzw. 4. Mai 1924, bei denen die Partei 9,4 Prozent bzw. 11,6 Prozent der Stimmen erzielte. Da die BVP keinen anderen Koalitionspartner hatte, gelang es der BMP weitreichende Zugeständnisse zu erzwingen, etwa die Absetzung des für die Niederschlagung des Hitler-Ludendorff-Putsches verantwortlichen Innenministers Franz Schweyer. Bei den Land- und Reichstagswahlen vom 20. Mai 1928 musste die BMP jedoch mit 9,3 Prozent bzw. 10 Prozent der Stimmen Verluste hinnehmen und wandte sich in der Folge von ihrem gouvernementalen Kurs ab.
Die BMP folgte dem DNVP-Vorsitzenden Alfred Hugenberg zusammen mit der NSDAP in die "nationale Opposition", was diverse Abspaltungen zur Folge hatte. Die wichtigsten waren die Konservative Volkspartei (KVP), der Christlich-Soziale Volksdienst und die Christlich-Nationale Bauern- und Landvolkpartei (CNBL). Die BMP verlor nach und nach die finanzielle Unterstützung ihrer langjährigen industriellen und agrarischen Förderer und daraufhin auch den politischen Halt. 1931 trat die BMP aus der bayerischen Landesregierung aus, Gürtner blieb allerdings geschäftsführender Justizminister, bis er unter Franz von Papen am 1. Juni 1932 Reichsjustizminister wurde.
Die Wähler der BMP wanderten zunächst zu ihren Abspaltungen und schließlich zur NSDAP ab. Bei der Landtagswahl am 24. April 1932 erlangte die BMP nur noch 3,3 Prozent der Stimmen. Die Partei löste sich schließlich 1932/33 auf.

Beteiligung an der Landesregierung 1920-1933:
Kabinett Ministerposten
Kabinett von Kahr II (16. Juli 1920 bis 11. September 1921) Justiz (Christian Roth)
Kabinett von und zu Lerchenfeld-Köfering (21. September 1921 bis 8. November 1922) Justiz (Franz Gürtner, ab 4. August 1922)
Kabinett von Knilling (8. November 1922 bis 1. Juli 1924) Justiz (Franz Gürtner)
Kabinett Held I (27. Juni 1924 bis 30. Juli 1928) Justiz (Franz Gürtner)
Kabinett Held II (31. Juli 1928 bis 10. März 1933) Justiz (Franz Gürtner bis 6. Juni 1932, danach Heinrich Spangenberger mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt)
Literatur
HÜRTEN, Heinz, Revolution und Zeit der Weimarer Republik, in: SCHMID, Alois (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. 4: Das neue Bayern. Von 1800 bis zur Gegenwart, Teilbd. 1: Staat und Politik, München 22003, S. 439-498 et passim.
KIISKINEN, Elina, Bayerische Mittelpartei (BMP) – Deutschnationale Volkspartei (DNVP), 1918-1932/33, in: www.historisches-lexikon-bayerns.de (Letzter Zugriff am: 12.06.2012).
KIISKINEN, Elina, Die Deutschnationale Volkspartei in Bayern (Bayerische Mittelpartei) in der Regierungspolitik des Freistaats während der Weimarer Zeit (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 145), München 2005.
KITTEL, Manfred, Zwischen völkischem Fundamentalismus und gouvernementaler Taktik. DNVP-Vorsitzender Hans Hilpert und die bayerischen Deutschnationalen, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 59 (1996), S. 849-901.
TRIPPE, Christian, Konservative Verfassungspolitik 1918-1923. Die DNVP als Opposition in Reich und Ländern (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 105), Düsseldorf 1995.
Empfohlene Zitierweise
Bayerische Mittelpartei (BMP) / Deutschnationale Volkspartei in Bayern, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 2013, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/2013. Letzter Zugriff am: 24.11.2024.
Online seit 04.06.2012, letzte Änderung am 25.02.2013.
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