Kriegseintritt Italiens
Der deutsche Zentrumspolitiker Matthias Erzberger hatte in Unkenntnis des Londoner Vertrags noch bis zuletzt in Verhandlungen mit Italien und dem Heiligen Stuhl versucht, einen Kriegseintritt Italiens abzuwenden. Seiner Meinung nach war es dem Heiligen Stuhl ohne territoriale Besitztümer nicht möglich, seiner Aufgabe als überparteilicher "padre commune" aller Katholiken nachzukommen. Er favorisierte dabei die Lösung, dass Österreich Trient an den Heiligen Stuhl abtreten solle, damit dieser es in Verhandlungen mit Italien um einen kleinen Kirchenstaat in Rom eintauschen könnte. So wäre die "Römische Frage" gelöst und Italien hätte keinen Grund mehr gehabt, in den Krieg einzutreten. Als Österreich Anfang Mai unter deutschem Druck zum Einlenken bereit war, war der Londoner Vertrag allerdings bereits unterzeichnet und der Kriegseintritt Italiens beschlossen.
Literatur
EPSTEIN, Klaus, Matthias Erzberger und das Dilemma der deutschen Demokratie, Berlin /
Frankfurt am Main 1962, S. 138-172.
ISNENGHI, Mario, Italien, in: HIRSCHFELD, Gerhard / KRUMEICH, Gerd / RENZ, Irina (Hg.), Enzyklopädie Erster
Weltkrieg, Paderborn 2009, S. 97-104.
RUSCONI, Gian Enrico, Das Hasardspiel des Jahres 1915. Warum sich Italien für den
Eintritt in den Ersten Weltkrieg entschied, in: HÜRTER, Johannes / RUSCONI, Gian Enrico
(Hg.), Der Kriegseintritt Italiens im Mai 1915 (Schriftenreihe der Vierteljahrhefte für
Zeitgeschichte Sondernummer), München 2007, S. 13-53.
RUSCONI, Gian Enrico, Deutschland - Italien, Italien - Deutschland. Geschichte einer
schwierigen Beziehung von Bismarck bis zu Berlusconi, Paderborn 2006.
WOLF, Hubert, Matthias Erzberger, Nuntius Pacelli und der Vatikan. Oder: Warum der
Kirchenstaat nicht nach Liechtenstein verlegt wurde, in: Matthias Erzberger. Ein
Demokrat in Zeiten des Hasses (Stuttgarter Symposien. Schriftenreihe 15), Karlsruhe
2013, S. 134-157.