Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) in Württemberg

Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Württembergs (USPD) wurde 1917 gegründet und bestand im Wesentlichen bis 1920.
Württemberg galt schon vor dem Ersten Weltkrieg als Herd ständiger innerparteilicher Auseinandersetzungen innerhalb der Sozialdemokratie (SPD) und als Zentrum sozialdemokratischer Kriegsgegner. Die Spaltung der Partei setzte hier früher ein als in anderen deutschen Staaten. Im November 1917 traten württembergischen Kriegsgegner der USPD bei, die sich im April 1917 in Gotha konstituiert hatte. Ihr Ziel war die Beendigung des Krieges und, nachdem dies erreicht sein würde, die Sozialisierung und Demokratisierung der deutschen Gesellschaft. Speziell die württembergische USPD stand dabei den Kräften, die sich bald in der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) formierten, näher als der Mehrheitssozialdemokratie (MSPD).
Wichtige Vertreter der USPD in Württemberg waren Arthur Crispien, der im März 1919 sogar zum Vorsitzenden der Reichspartei gewählt wurde, Fritz Rück, der erste Landesvorsitzende der Landespartei, und Franz Engelhardt, der ihm im Februar 1919 nachfolgte.
Zusammen mit Spartakisten war die USPD maßgeblich am politischen Umsturz im November 1918 beteiligt. Da ihr in dieser Situation die Kontrolle zu entgleiten drohte, entschied sich die Führung der württembergischen MSPD für den Versuch, die USPD innerhalb einer gemeinsamen Provisorischen Regierung zu domestizieren. Diese wurde von Wilhelm Blos von der MSPD als Außenminister und Crispien als Innenminister angeführt. Bald darauf setzte die MSPD die Integration der drei bürgerlichen Parteien des Zentrums, der Fortschrittlichen Volkspartei und der Nationalliberalen Partei in die Koalition durch. Bis zum Putsch in Stuttgart im Januar 1919, mit dem Crispien und Ulrich Fischer sympathisierten, was nach seiner Niederschlagung ihren Entlassung zur Folge hatten, wurden alle USPD-Mitglieder aus der Regierung gedrängt.
Auch ihr Ziel, eine revolutionäre Konstituente der Arbeiter- und Soldatenräte einzuberufen, konnte die USPD nicht verwirklichen. Stattdessen wurde eine Verfassunggebende Landesversammlung einberufen. Bei den dazugehörigen Wahlen am 12. Januar 1919 erlangte sie nur 3,1 Prozent der Stimmen, erhielt damit nicht einmal Fraktionsstatus und konnte keinen Einfluss gewinnen.
Die MSPD unter Blos bekämpfte die USPD heftig. Der Generalstreik anlässlich der schlechten Lebensmittelversorgung und Wirtschaftlage im April 1919 und das Einschreiten der MSDP gegen ihn bescherten der USPD großen Zulauf aus der Arbeiterschaft. Hinzu kam die Unzufriedenheit über die ausbleibende Verwirklichung zentraler Forderungen der Novemberrevolution nach wirtschaftlicher Sozialisierung und gesellschaftlicher Demokratisierung. Die USPD blieb allerdings im Großen und Ganzen auf die Industriezentren und ihre nähere Umgebung beschränkt und konnte letztendlich keinen bestimmenden Einfluss auf die württembergischen Arbeiter gewinnen.
Bei den Gemeinderatswahlen im Mai 1919 erzielte die USPD große Gewinne und konnte auch bei den Landtagswahlen am 6. Juni 1920 beachtliche 13,3 Prozent der Stimmen für sich verbuchen. Allerdings hatte die Landtagsfraktion kaum Gelegenheit zusammenzuwachsen, weil sich bald Befürworter und Gegner des Anschlusses an die Dritte Internationale befehdeten.
Während des Kapp-Lüttwitz-Putsch im März 1920 kam es noch einmal zu einem gemeinsamen Vorgehen mit der MSPD. Im Dezember 1920 schloss sich aber der größte Teil der USPD-Mitglieder der kleinen KPD an. Die Rest-USPD existierte als Splitterpartei weiter bis sie sich im Herbst 1922 der MSPD anschloss.
Beteiligung an Landesregierungen 1918-1933
Kabinett Ministerposten
Kabinett Blos I (11. November 1918 bis 7. März 1919) Inneres (Arthur Crispien, bis 10. Januar 1919), Krieg (Albert Schreiner, bis 15. November 1918; Ulrich Fischer, bis 10. Januar 1919)
Literatur
FALTER, Jürgen / LINDENBERGER, Thomas / SCHUMANN, Siegfried, Wahlen und Abstimmungen in der Weimarer Republik. Materialien zum Wahlverhalten 1919-1933 (Statistische Arbeitsbücher zur neueren deutschen Geschichte), München 1986, S. 113.
KRAUSE, Hartfrid, USPD. Zur Geschichte der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Studien zu Gesellschaftstheorien), Frankfurt am Main 1975.
MORGAN, David W., The Socialist Left and the German Revolution. A History of the German Independent Socialist Democratic Party 1917-1922, Ithaca, N.Y./London 1975.
NEUSCHL, Sylvia, Geschichte der USPD in Württemberg oder Über die Möglichkeit einig zu bleiben, Esslingen 1983.
SAUER, Paul, Württemberg in der Weimarer Republik, in: SCHWARZMAIER, Hansmartin / SCHAAB, Meinrad (Hg.), Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, Bd. 4: Die Länder seit 1918 (Veröffentlichung der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg), Stuttgart 2003, S. 73-150, hier 74-84.
SCHECK, Manfred, Zwischen Weltkrieg und Revolution. Zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Württemberg 1914-1920 (Dissertationen zur neueren Geschichte 10), Köln 1981.
Empfohlene Zitierweise
Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) in Württemberg, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 23022, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/23022. Letzter Zugriff am: 29.03.2024.
Online seit 04.06.2012, letzte Änderung am 06.05.2019.
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