Kanonisation
Bevor nach dem CIC/1917 ein Heiligsprechungsverfahren begonnen werden konnte, musste der Betroffene bereits in einem ordentlichen Beatifikationsprozess (beatificatio formalis) selig gesprochen worden sein (cann. 2136-2137 CIC/1917). Die zuständige Instanz zur Prüfung und Durchführung des Verfahrens war die Ritenkongregation (can. 253 CIC/1917). Als Voraussetzung für die Heiligsprechung galten zwei bzw. drei Wunder, die seit der Seligsprechung auf die Fürsprache des Betroffenen hin gewirkt worden waren (can. 2138 CIC/1917).
Der Prozess war klar geregelt: Der Postulator als Antragsteller reichte eine Beschreibung der Wunder bei der Ritenkongregation ein. Stimmte der Papst der Aufnahme des Verfahrens zu, konnte der Postulator offiziell um die Benennung der kirchlichen Richter des Verfahrens bitten, die dann die Echtheit der Wunder zu prüfen hatten. Dabei wurde der dem Beatifikationsverfahren entsprechende Ablauf eingehalten (cann. 2116-2124 CIC/1917), der die Expertise von mindestens zwei Sachverständigen wie etwa Ärzten bei Heilungswundern vorschrieb. Zwischen den verschiedenen Verfahrensschritten, waren jeweils Kongregationssitzungen abzuhalten, die den Stand der Ermittlungen zum Thema festzuhalten hatten.
Nach der Feststellung der Echtheit der Wunder wurde schließlich bei einer Generalversammlung der Ritenkongregation unter Anwesenheit des Papstes der Prozess abgeschlossen und die Kanonisierung beschlossen. Die endgültige Bestätigung erfolgte während eines Konsistoriums unter Anwesenheit der Kardinäle und des Papstes. Der dafür vorgesehene Ritus (can. 2141 CIC/1917) gliederte sich in den feierlichen Einzug mit der Standarte des Heiligen in den Petersdom, die dreimalige Bitte um die Heiligsprechung, Allerheiligenlitanei, Herabrufung des Erbarmens Gottes und des Heiligen Geistes, den Akt der Kanonisation, das Te Deum, die Anrufung des neuen Heiligen und abschließend den Apostolischen Segen.
Neben diesem gängigen Verlauf gab es auch ein außerordentliches Verfahren, das Fälle behandelte, in denen es um die Heiligsprechung einer seit dem Mittelalter als selig verehrten Person ging, deren Verehrung im Zeitraum zwischen 1181 und 1634 lehramtlich anerkannt und deren Beginn nicht mehr nachvollziehbar war. Diese Verehrung musste bis zur Aufnahme eines Verfahrens ohne Unterbrechung nachweisbar sein.
Die Aufnahme in die Reihe (Kanon) der Heiligen der katholischen Kirche hat konkrete Folgen im Bereich des Kults und der Verehrung: Im Gegensatz zu Seligen dürfen Heilige überregional verehrt werden. Ihnen können ganze Messen sowie Passagen des Breviers gewidmet werden. Außerdem können Kirchen und Kapellen auf ihren Namen geweiht werden. Sie können auch zu Patronen etwa von Ländern, Diözesen und Gruppierungen erhoben werden.
Quellen
1917 Codex Iuris Canonicis, cann. 253, 2116-2124, 2136-2141, in: www.jgray.org (Letzter Zugriff am: 14.06.2016).
Codex Iuris Senior, can. 253, in: www.catho.org (Letzter Zugriff am: 14.06.2016).
Codex Iuris Senior, cann. 2116-2124, in: www.catho.org (Letzter Zugriff am: 14.06.2016).
Codex Iuris Senior, cann. 2136-2141, in: www.catho.org (Letzter Zugriff am: 14.06.2016).
GASPARRI, Pietro (Hg.), Codex Iuris Canonici Pii X Pontificis Maximi iussu
digestus, Benedicti Papae XV auctoritate promulgatus, Rom 1917, can. 253, in:
www.archive.org (Letzter Zugriff am: 14.06.2016).
GASPARRI, Pietro (Hg.), Codex Iuris Canonici Pii X Pontificis Maximi iussu
digestus, Benedicti Papae XV auctoritate promulgatus, Rom 1917,
cann. 2116-2124, in: www.archive.org (Letzter Zugriff am: 14.06.2016).
GASPARRI, Pietro (Hg.), Codex Iuris Canonici Pii X Pontificis Maximi iussu
digestus, Benedicti Papae XV auctoritate promulgatus, Rom 1917,
cann. 2136-2141, in: www.archive.org (Letzter Zugriff am: 14.06.2016).
Literatur
EICHMANN, Eduard / MÖRSDORF, Klaus, Lehrbuch des Kirchenrechts auf Grund des Codex
Iuris Canonici. Bd. 1II: Prozess- und Strafrecht, Paderborn 71954,
S. 266 f.
OESTERLE, Gerard, Heiligsprechung, in: Lexikon für Theologie und Kirche 4 (1932), Sp. 897 f.
SCHULZ, Winfried, Heiligsprechung, in: Lexikon für Theologie und Kirche3 4 (1995),
Sp. 1328-1331.