Internationales Komitee vom Roten Kreuz

Als Gründungsdatum des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) gilt die konstituierende Sitzung in Genf vom 17. Februar 1863. Bereits am 9. Februar desselben Jahres hatte die Genfer Gemeinnützige Gesellschaft ein fünfköpfiges Komitee eingesetzt, welches Wege zur Gründung einer "Hilfsorganisation für verwundete Militärpersonen" prüfen sollte. Diese fünf Personen waren der Schweizer Geschäftsmann Henry Dunant, der Jurist und Mäzen Gustave Moynier, die Ärzte Dr. Louis Appia und Dr. Théodore Maunoir, sowie der General Guillaume-Henri Dufour. Zunächst nannte sich das Komitee "Comité international et permanent de secours aux militaires blessés" (Ständiges Internationales Komitee für die Verwundetenpflege) und änderte dann 1875 seinen Namen in "Comité international de la Croix-Rouge" (Internationales Komitee vom Roten Kreuz). Der maßgebliche Beweggrund zur Gründung des Roten Kreuzes lag in den Kriegserfahrungen der Schlacht von Solferino von 1859, die Henry Dunant 1862 in seinem Werk "Eine Erinnerung an Solferino" niederschrieb. Die tausenden von unbehandelten verwundeten und tragisch sterbenden Soldaten während dieser Schlacht veranlassten Dunant dazu, eine internationale Bewegung zu gründen, die sich zunächst vor allem um verwundete Soldaten kümmern sollte. Das IKRK wuchs schnell und wurde als neutrale humanitäre Organisation international anerkannt. Am 12. November 1863 gründete sich das erste Komitee in Deutschland, im Königreich Württemberg. Es folgten innerhalb eines Jahres weitere Gründungen in deutschen Einzelstaaten sowie in Italien, Frankreich und Spanien. 1915 wurde aus dem Komitee eine juristische Person schweizerischen Rechts, 1921 eine Satzung verabschiedet. 1919 wurde in Paris ein Dachverband für die internationalen Ableger des Roten Kreuzes unter dem Namen "Liga der Rotkreuzgesellschaften" gegründet, später verlegte sie ihren Sitz nach Genf.
Während des Ersten Weltkrieges schwankte das Verhältnis zwischen dem IKRK und dem Heiligen Stuhl, die beide Hilfe für Kriegsgefangene organisierten, zwischen Zusammenarbeit und Konkurrenz. Die Kruie betrachte die Aktivitäten des IKRK mit einem gewissen Misstrauen, sah sie dieses doch von einem protestantischen Geist beseelt und dem Antiklerikalismus und der Freimaurerei nahestehend. Die Konkurrenz der beiden Organisationen kam beispielsweise zum Ausdruck, als die österreichisch-ungarische Regierung bei den Verhandlungen, die sie mit Italien Anfang 1916 um den Austausch von Verwundeten führte, entgegen einer vorherigen Zusage gegenüber dem Heiligen Stuhl, letztlich das IKRK bevorzugte. Die Römische Kurie protestierte dagegen vehement, aber vergeblich.
Literatur
BECKER, Annette, Oubliés de la Grande Guerre. Humanitaire et culture de guerre 1914-1918. Populations occupées, déportés civils, prisonniers de guerre, Paris 1998, S. 164-170.
KHAN, Daniel-Erasmus, Das Rote Kreuz. Geschichte einer humanitären Weltbewegung, München 2013, S. 13-42, 64-68.
PAOLINI, Gabriele, Offensive di pace. La Santa Sede e la prima guerra mondiale (Biblioteca della nuova antalogia 29), Firenze 2008, S. 262-269.
RIESENBERGER, Dieter, Für Humanität und Frieden. Das internationale Rote Kreuz 1863-1977, Göttingen 1992, S. 14-32.
Empfohlene Zitierweise
Internationales Komitee vom Roten Kreuz, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 357, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/357. Letzter Zugriff am: 29.03.2024.
Online seit 14.05.2013, letzte Änderung am 18.09.2015.
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