Große Koalition auf Reichsebene
Nach den vorgezogenen Reichstagswahlen vom 4. Mai 1924 hätte eine erneute Große Koalition zwar rechnerisch eine knappe Mehrheit gehabt, die SPD war jedoch nach großen Stimmverlusten nicht mehr dazu bereit. Es folgten in den nächsten Jahren bürgerliche Koalitionen mit verschiedenen Parteienkonstellationen. Trotz gewisser politischer Erfolge mussten die bürgerlichen Parteien bei den Reichstagswahlen vom 20. Mai 1928 große Verluste verkraften. Vor allem die linken Parteien SPD und KPD konnten Stimmenzuwächse verbuchen. Nach langwierigen Verhandlungen, bei denen die großen Gegensätze zwischen SPD und DVP bereits zu Tage traten, nahm das zweite Kabinett Hermann Müllers (SPD), erneut eine Große Koalition, am 28. Juni 1928 die Arbeit auf. Es konnte außenpolitisch gewisse Erfolge wie die Annahme des Young-Plans im März 1930 für sich verbuchen, war aber innenpolitisch durch die großen Gegensätze der Koalitionsparteien sowie durch die sich rapide verschlechternde wirtschaftliche Lage gelähmt. Hinzu kam der zunehmende Einfluss konservativer Kräfte jenseits der von der Reichsverfassung vorgesehenen Organe wie etwa der Kamarilla um Reichspräsident Paul von Hindenburg. Am 27. März 1930 trat die Regierung zurück.
Bis zum Ende der Weimarer Republik kam keine Große Koalition mehr zustande. Die folgenden Präsidialkabinette waren bürgerlich, bald rechtsradikal dominiert.
Literatur
BÜTTNER, Ursula, Weimar. Die überforderte Republik. 1918-1933, in: BENZ, Wolfgang
(Hg.), Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 18: 20. Jahrhundert
(1918-2000), Stuttgart 102010, S. 171-767, hier 402-404, 556-558 u.
596-608.
WOLF, Hubert, Papst und Teufel. Die Archive des Vatikan und das Dritte Reich,
München 22009, S. 76-85.