Verband Süddeutscher Katholischer Arbeitervereine

Der 1891/93 gegründete "Verband Süddeutscher Katholischer Arbeitervereine" war die erste überdiözesane Organisation katholischer Arbeitervereine im Deutschen Reich. Ihr gehörten zunächst ausschließlich bayerische sowie einige Vereine aus der Erzdiözese Salzburg an. Die badischen und württembergischen Arbeitervereine schlossen sich bis 1897 der Vereinigung an. Der Sitz blieb weiterhin in München und befand sich seit 1915 im dortigen Leohaus. Erster Vereinspräses wurde Lorenz Huber, der 1904 von Carl Walterbach abgelöst wurde.
Verbandsorgan war die schon 1890 gegründete Zeitung "Der Arbeiter". Bis 1900 war die Bildung von Diözesanverbänden abgeschlossen; es folgte der Aufbau von Bezirksverbänden. Bis zum Ersten Weltkrieg gelang die Etablierung von 27 Arbeitersekretariaten. Die anfangs von vielen Vereinen gegründeten kleinen Unterstützungs-, Sterbe-, Spar- sowie Krankenkassen wurden bald durch eine zentrale Verbandskasse abgelöst. 1911 wurde der Kartellverband der süd-, west- und ostdeutschen Arbeitervereine gegründet. Trotz dieser Erfolge blieb die dezentrale Organisationsstruktur ein Haupthindernis erfolgreicher Verbandsarbeit. Sie konnte von der Münchener Zentrale trotz entsprechender Bemühungen nie überwunden werden, da die Mitgliedervereine einerseits höhere finanzielle Belastungen durch eine stärkere Zentralisierung fürchteten, andererseits eine föderalistische Struktur aus prinzipiellen Gründen bevorzugten.
1914 hatte der Verband ca. 114.000 Mitglieder. 1921 kam der Diözesanverband Salzburg hinzu. Politisch schloss sich der Verband eng an die bayerische Zentrumspartei und später an die Bayerische Volkspartei (BVP) an. Der neuen republikanischen Gesellschaftsordnung stand er positiv gegenüber. Während der bis 1923 anhaltenden Inflationszeit geriet der Verband in große finanzielle Schwierigkeiten, die zur Entlassung zahlreicher Arbeitersekretäre führten. Die Mitgliederzahl erreichte 1924 mit ca. 5.000 ihren Tiefstand. 1929 hatte der Verband wieder ca. 43.000 Mitglieder.
Der "Verband Süddeutscher Katholischer Arbeitervereine" gehörte zu den Unterstützern der überkonfessionellen Christlichen Gewerkschaften. Eine Doppelmitgliedschaft war bis zum Ersten Weltkrieg weit verbreitet. In der Weimarer Republik, in der die Gewerkschaften als Sozialpartner anerkannt wurden, überflügelten diese jedoch bald die Arbeitervereine als organisierte politische Vertretung der katholischen Arbeiter, da ihnen unter diesen Bedingungen eine alleinige Gewerkschaftsmitgliedschaft lohnenswerter erschien.
Literatur
ARETZ, Jürgen, Katholische Arbeiterbewegung und christliche Gewerkschaften. Zur Geschichte der christlich-sozialen Bewegung, in: RAUSCHER, Anton (Hg.), Der soziale und politische Katholizismus. Entwicklungslinien in Deutschland 1803-1963, Bd. 2 (Geschichte und Staat 251), München / Wien 1982, S. 159-214.
HALDER, Winfried, Katholische Vereine in Baden und Württemberg 1848-1914. Ein Beitrag zur Organisationsgeschichte des südwestdeutschen Katholizismus im Rahmen der Entstehung der modernen Industriegesellschaft (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte B 64), Paderborn u. a. 1995.
KRENN, Dorit-Maria, Die christliche Arbeiterbewegung in Bayern vom Ersten Weltkrieg bis 1933 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte B 57), Mainz 1991, S. 15-373 et passim.
MÜLLER, Dirk H., Arbeiter, Katholizismus, Staat. Der Volksverein für das katholische Deutschland und die katholischen Arbeiterorganisationen in der Weimarer Republik (Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung. Reihe Politik- und Gesellschaftsgeschichte 43), Bonn 1996, S. 29 f., 74 f., 172, 184 et passim.
Empfohlene Zitierweise
Verband Süddeutscher Katholischer Arbeitervereine, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 5029, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/5029. Letzter Zugriff am: 29.03.2024.
Online seit 13.06.2014.
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