Kartellverband katholischer Arbeiter- und Arbeiterinnen-Vereine Deutschlands

1911 schlossen sich fünf große regionale Arbeitervereinsverbände, der süddeutsche, der westdeutsche, der ostdeutsche sowie die Arbeitervereine Badens und der Landesverband Württemberg, zum Kartellverband katholischer Arbeitervereine West-, Süd- und Ostdeutschlands zusammen. Dieser zu Beginn recht lockere Dachverband gab sich, verzögert durch den Ersten Weltkrieg, erst 1921 ein gemeinsames Programm. Auf dessen Grundlage schloss sich auch der konservative Kartellverband der Katholischen Arbeitervereine mit Sitz in Berlin dem Dachverband, der mittlerweile unter dem Namen Kartellverband katholischer Arbeiter- und Arbeiterinnen-Vereine Deutschlands firmierte, an. Dieser hatte 1920 mit dem Verband süddeutscher katholischer Arbeiterinnenvereine die erste Frauenorganisation aufgenommen.
1927 wurde der Kartellverband in den straffer organisierten Reichsverband der Katholischen Arbeiter- und Arbeiterinnenvereine Deutschlands umgewandelt. Es wurde ein Generalsekretariat in Berlin eingerichtet. Gleichzeitig wurde das Laienelement im Verband gestärkt. Der Berliner Verband sah in der Episkopatsferne des Reichsverbands einen Verstoß gegen die kirchliche Disziplin, lehnte zudem eine stärkere Bindung der Verbände an die Christlichen Gewerkschaften ab und trat deshalb aus dem Reichsverband aus.
Vor wie nach dem Ersten Weltkrieg hatte der Kartell- bzw. Reichsverband ca. 300.000 Mitglieder, wobei die Mitgliederzahl insbesondere in den Inflationsjahren sank. Das Dachorgan war von 1917 bis 1918 die Zeitschrift "Glaube und Arbeit", danach die 1930 eingestellte "Soziale Revue".
Beim Dritten Kongress des Kartellverbands (Dokument Nr. 14470) vom 24. bis zum 26. Oktober 1924 in Bamberg, der unter dem Motto "Katholisch sein" stattfand, ging es unter anderem um die Auseinandersetzungen mit neueren geistigen Strömungen im Katholizismus. Zustimmung fanden die Bemühungen um eine Erneuerung der Liturgie, die die Gläubigen mehr einbeziehen sollte. Mit Skepsis reagierte man auf das von Pius XI. propagierte Konzept der "Katholischen Aktion", welches mit dem der Standesverbände kollidierte. Diese Distanziertheit entsprach der Reaktion des gesamten deutschen Verbandskatholizismus.
Literatur
ARETZ, Jürgen, Katholische Arbeiterbewegung und christliche Gewerkschaften. Zur Geschichte der christlich-sozialen Bewegung, in: RAUSCHER, Anton (Hg.), Der soziale und politische Katholizismus. Entwicklungslinien in Deutschland 1803-1963, Bd. 2 (Geschichte und Staat 251), München / Wien 1982, S. 159-214, hier 181.
KRENN, Dorit-Maria, Die christliche Arbeiterbewegung in Bayern vom Ersten Weltkrieg bis 1933 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte B 57), Mainz 1991, S. 357 f.
MÜLLER, Dirk H., Arbeiter, Katholizismus, Staat. Der Volksverein für das katholische Deutschland und die katholischen Arbeiterorganisationen in der Weimarer Republik (Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung. Reihe Politik- und Gesellschaftsgeschichte 43), Bonn 1996, S. 154 f., 173-175, 208, 311, 325 et passim.
Empfohlene Zitierweise
Kartellverband katholischer Arbeiter- und Arbeiterinnen-Vereine Deutschlands, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 9032, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/9032. Letzter Zugriff am: 22.12.2024.
Online seit 23.07.2014, letzte Änderung am 26.06.2019.
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