Dokument-Nr. 11300

[N. N.]: Anlage 2. Ausschnitt aus dem Sonntagsblatt "Leo" vom 1. April 1923. N° 13., in: Leo, 01. April 1923
Paderborn. Mit Rücksicht auf die tätige bisherige Hilfe des Hl. Stuhles und die immer schlimmer werdende Lage des Einbruchsgebietes haben die Oberhirten von Köln, Münster und Paderborn erneut an den Hl. Vater mit folgendem Telegramm sich gewandt: "Die wegen der täglich wachsenden Bedrängnis und Not in dem neubesetzten Rhein- und Ruhrgebiet zu Paderborn versammelten beteiligten Bischöfe bitten dankbar und vertrauensvoll Eure Heiligkeit um weitere Hilfe und Trost.["] – Der Hl. Vater hat für die notleidende Ruhrbevölkerung 500.000 (eine halbe Million) Lire gespendet.
Köln. Der nationale Chauvinismus in Frankreich hat nun auch auf religiösem Gebiete die Folgerungen gezeitigt, die er zeitigen mußte; es mußte sich rächen, daß man in Frankreich vom höchsten Kirchenfürsten angefangen bis zum letzten Laien immer zuerst französisch fühlt und dann erst katholisch denkt. Nach französischen Pressemeldungen hat sich eine neue französisch-katholische Kirche gebildet, die kürzlich von mehr als Tausend verheirateten Geistlichen gegründet worden sein soll. Als Bischof haben sie sich einen gewissen Abbé Adrot gewählt, dessen Konsekration Ende April in Gegenwart von schismatischen Bischöfen in Polen, Holland, Schweiz, Tschecho-Slowakei und Ungarn erfolgen soll. Es handelt sich hier um eine Neuauflage der anglikanischen Kirche; die Bewegung sei vor allem durch die universale Haltung des Papsttums während des Krieges und nach dem Kriege gefördert worden. Was in Frankreich geschieht, ist jedenfalls alles andere als katholisch, die neue Kirche ist nur der Spiegel der inneren Gesinnung.1 – Wie weit die Gemütsverrohung bereits fortgeschritten ist, zeigt nachstehender Vorfall. Die Kirche St. Alban besitzt in ihrem Vorraum eine Krieger-Gedächtniskapelle, die weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt ist durch ihren prächtigen Wandschmuck, den sie der kundigen Hand eines Kölner Künstlers verdankt. Diese herrliche Ausstattung ist in verflossener Woche leider durch die Hand eines rohen Buben verunziert worden. Namentlich fällt dies auf an einem schönen Engelbilde am Eingange zur Kirche und mehr noch an einer Statue des hl. Antonius von Padua, das durch einen häßlichen Spitzbart und durch Verunstaltung der Augäpfel ganz den andachterweckenden Ausdruck verloren hat. Die abstoßenden Veränderungen scheinen übrigens kaum von einer unkundigen Hand ausgeführt zu sein, es gehörte eine Fertigkeit, eine boshafte Raffiniertheit dazu, das schöne Bild in eine buchstäbliche Karrikatur [sic] umzuwandeln.
1"Köln. … Gesinnung." hds. mit blauer Farbe von unbekannter Hand markiert.
Empfohlene Zitierweise
[N.N.], Anlage2. Ausschnitt aus dem Sonntagsblatt "Leo" vom 1.April 1923. N°13.in: Leo vom 01. April 1923, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 11300, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/11300. Letzter Zugriff am: 27.04.2024.
Online seit 24.10.2013, letzte Änderung am 10.09.2018.