Dokument-Nr. 15965

Zum Jahrestag der Krönung des Hl. Vaters, in: Beilage zur Trierischen Landeszeitung, Nr. 36, S. 1, 12. Februar 1924
In der kirchlichen Liturgie sind von jeher besondere Gebete am Jahrestage der Krönung des regierenden Papstes vorgeschrieben. In der Oeffentlichkeit dagegen merkte man selbst in rein katholischen Ländern wenig oder nichts von dieser Erinnerung, bis es seit einigen Jahren hier und dort üblich geworden ist, bei der Wiederkehr des "Papsttages" festliche Kundgebungen zu Ehren des Hl. Vaters zu veranstalten. Das Beispiel Spaniens, das hierin voranging, fand alsbald freudige Zustimmung und Nachahmung in andern Ländern; und in diesem Jahre haben die Bischöfe Deutschlands besondere Feierlichkeiten in den Kirchen und Vereinen in diesem Sinne verordnet.
Gründe allgemeiner und besonderer Art machen es den deutschen Katholiken geradezu zu einem seelischen Bedürfnis, ihrer Liebe, Treue u. Dankbarkeit gegenüber dem Stellvertreter Christi auch öffentlich Ausdruck zu geben. Im Papste verehren wir den Inhaber der höchsten Autorität auf Erden, das sichtbare Oberhaupt der weltumspannenden Kirche. Sein Thron ist der einzige, der die Jahrhunderte überdauert hat, obschon "nicht Roß, nicht Reisige" ihn schützen und verteidigen. Darum ist gerade der Krönungstag geeignet zur allgemeinen Huldigung an den Träger der Tiara. Mit freudigem Stolz dürfen sich die Katholiken sagen, daß in ihrer Kirche der Autoritätsgedanke eine Stütze findet, wie sonst nirgendwo. Aus diesem Grunde müßten sich auch unsere andersgläubigen Mitbürger mit uns freuen über die neue äußere Ehrung des Papsttums. Alles, was heute den Autoritätsgedanken in den einzelnen Menschen und in den breiten Massen stärkt, trägt zum Wohle des ganzen Volkes bei.
Der Papst ist uns sodann der unfehlbare Lehrer der Wahrheit. Jedes katholische Kind weiß, daß wir dem Hl. Vater keine Unfehlbarkeit in menschlichem Wissen und Können zuschreiben, sondern nur in Glaubens- und Sittenlehren, die er als Träger der obersten Lehrgewalt für alle verkündet. Welche Bedeutung eine solche Instanz der untrüglichen Wahrheit hat, wird denen am deutlichsten klar, die sich jahrelang durch das Labyrinth menschlicher Meinungen und Irrungen durchgearbeitet haben, bis sie im katholischen Dogma sichersten Wahrheitsbesitz fanden.
Einen Inhaber höchster Autorität verlangt unser Wille, nach einem Lehrer irrtumsloser Wahrheit ruft unser Verstand, beides ist uns der Papst. Was ihn aber unserm Herzen näher bringt, das drücken wir aus, indem wir ihn mit Vorliebe den Hl.  Vater nennen. Wer je das Glück hatte, vor dem Papste zu knien und seinen Segen zu empfangen, hat auch empfunden, daß kein Name besser wiedergibt, was dem Katholiken dieser schlichte Mann im weißen Kleide ist, daß in keinem Worte so alle Stimmungen der Seele mitklingen, als wenn er ihn anreden darf: Hl. Vater.
Die jüngste Vergangenheit hat uns deutschen Katholiken Beweise in Fülle dafür geliefert, daß wir einen bevorzugten Platz im Herzen des Hl. Vaters haben. Die Tränen traten ihm in die Augen, als er im vergangenen Herbst mit unserm hochwürdigsten Herrn Bischof über die Not des deutschen Volkes sprach. Er müßte ja nicht Vater sein, wenn er sich nicht am meisten um jene Kinder sorgte, die am schwersten leiden. Die Geschichte späterer Zeiten wird einmal erzählen, was der Hl. Vater alles getan hat, um die Leiden des deutschen Volkes zu lindern. Darum ist es doppelt schmerzlich, nicht nur für uns Katholiken, sondern für jeden edeldenkenden Deutschen, daß gerade jetzt wieder von gewisser katholikenfeindlicher Seite eine Hetze schlimmster Art gegen Papsttum und kathol. Kirche in unserm Vaterlande betrieben wird. Nachdem der Hl. Vater ungezählte Summen gespendet hat, die nach seinem ausdrücklichen Wunsche auch nichtkatholischen Notleidenden zugewendet werden sollen, nachdem er in seiner Friedensenzyklika so entschieden für Recht und Gerechtigkeit gegenüber den besiegten Völkern, vor allem dem deutschen Volke, eingetreten ist, sollte man glauben, die primitivsten Gefühle der Schicklichkeit müßten diesen Hetzern den Mund schließen.
Es wäre zu wünschen, daß solche Friedensstörer öfter einer Papstfeier beiwohnten, wie sie am Sonntag in den Pfarrkirchen unserer Stadt und Diözese, wie sie abends im Trierer Dom stattfand[:] Da fällt kein Wort des Hasses gegen andere, kein Urteil über die Ueberzeugung unserer im Glauben getrennten Brüder. Es sind katholische Familienfeste zu Ehren des gemeinsamen Vaters in Rom. Darum drängten sich auch so zahlreich die Trierer im Dom um die Kanzel, von der Herr Generalvikar Prälat Tilmann in der Festpredigt so warme Worte über den Papst als König, Lehrer und Vater an die Scharen richtete. Dann zog der hochwürdigste Herr Bischof mit feierlicher Assistenz zum Hochaltar, wo das Allerheiligste ausgestellt wurde, während die machtvollen Klänge des "Gebetes für den Papst" und des Te Deum vom Domchor gesungen, die weiten Hallen durchbrausten. Unter der Hülle der eucharistischen Brotsgestalt segnete dann der Stifter unserer hl. Kirche sein gläubiges Volk, das Christus verherrlicht, indem es seinen Stellvertreter, den Papst, ehrt. Ein stiller Wunsch wird bei dieser Feier, wie bei mancher Feier in unserm Dom, vielen aufgestiegen sein: Könnte doch einmal der Hl. Vater selbst miterleben, wie seine Trierer Kinder in der ältesten Kirche Deutschlands freudig ihrer Liebe und Begeisterung für ihren Glauben Ausdruck geben. Er würde gewiß das schöne Wort eines seiner Vorgänger auf dem Stuhle des hl. Petrus bestätigen, auf das wir Trierer mit Recht so stolz sein dürfen: "Die trierische Kirche ist ein Stück vom Felsen Petri."
Dr. K.
Empfohlene Zitierweise
Anlage vom 12. Februar 1924, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 15965, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/15965. Letzter Zugriff am: 26.04.2024.
Online seit 18.09.2015.