Dokument-Nr. 16321
Heile, Wilhelm
an Schulte, Karl Joseph
Hagen in Westfalen, 23. Oktober 1924
Am 24. Juli d. J. richtete ich an Eure Eminenz ein Bittgesuch in Sachen meines Sohnes, des in Oran zum Todes verurteilten Fremdenlegionärs Karl Heile. Durch Schreiben vom 4. August ließen Eure Eminenz mir die erbetene Hilfe zusagen, wofür ich herzlich danke. Zu der Angelegenheit möchte ich jetzt noch einiges nachtragen.
Die von der Verteidigung eingelegte Berufung ist vom Kassationsgericht verworfen worden; nach Mitteilung der deutschen Botschaft in Paris hängt die Frage der Wiederaufnahme des Verfahrens vom Präsidenten der französischen Republik ab,
29v
an
den die Verteidigung ein Gnadengesuch gerichtet hat.Mein Sohn schreibt mir nun folgendes:
"Ich befinde mich seit etwas 5 Wochen in Alger. Der Präsident der Republik hat eine Psychatro-Analyse angeordnet. Die Ausführung dieses Befehls ist mit bis jetzt ein wenig dunkel. Ich befinde mich in einem unterirdischen Verließ [sic]. Unser Dach ist der Hof einer Kaserne. Den Arzt habe ich vor drei Wochen einmal gesprochen. An die psychischen Leiden habe ich mich im Laufe der Jahre gewöhnt; das Härteste ist für mich hierin A., daß ich aller geistigen Zerstreuung beraubt bin." An Eure Eminenz richte ich auch heute wieder die herzliche Bitte, Ihren Einfluß auf eine Erleichterung der Lage meines Sohnes zu richten und wenn möglich eine völlige Begnadigung zu erwirken.
Seit einigen Jahren macht mir die religiöse Stimmung meines Sohnes schwere Sorgen.
30r
Wie er augenblicklich zur Religion steht, darüber
schweigt er sich trotz aller Anspielungen seitens seiner Eltern aus.Vielleicht könnten Eure Eminenz auch nach dieser Richtung hin sich unseres Kindes annehmen.
Eurer Eminenz
ergebenster
Wilhelm Heile