Dokument-Nr. 18555

Herzinger, Anna: Kurze Zusammenfassung der Angelegenheit.
über meine Gründung des Vereines "kath. Heimatmission" E. V . in München
und meine spätere Verstossung daraus. . München, 25. April 1925

Nach jahrelangen Vorarbeiten, gänzlicher Selbstaufopferung und praktischen Missionsarbeiten, habe ich in München im Jahre 1920 einen Verein in das Leben gerufen unter dem Titel "Kath. Heimatmission" E. V. Sitz München.
Der Verein besteht aus zwei, bzw. bestand aus zwei Abteilungen, einer unterstützenden Mitgliedschaft und beruflich arbeitenden Schwestern.
Der Verein hat den Zweck, dass die Schwestern, sich der Hochw. Pfarrgeistlichkeit unentgeltlich zur Verfügung <(>zu<)>1 stellen und in den Grossstadtseelsorge-Arbeiten, ihre Hilfsdienste <(>zu<)>2 leisten, namentlich dadurch, dass sie durch Hausbesuche, den abgeirrten und pflichtvergessenen Katholiken nachgehen und diese sowohl der Hochw. Pfarrgeistlichkeit, wie <(>den<)>3 den religiösen und kirchlichen Leben und Pflichten, wieder näher, oder zurück <(>zu<)>4 führen.
Als Anfangs-Arbeiten wurden mir bei den Vorarbeiten, ehe der Verein zur Gründung gelangte, die sogenannten wilden Ehen übergeben, der im Kriege in grossen Massen nur standesamtlich getrauten Civilehen, diese zur kirchlichen Trauung zu bringen. Es waren dies keine leichten Arbeiten, da es nicht <nur>5 eine grosse Anzahl war, namentlich bei den Männern, welche viele Jahre lang oft nicht mehr die hl. Sakramente empfangen hatten, sondern auch durch die damals überaus kritische Kriegs und Revolutionszeit, noch bedeutend erschwert war.
Dennoch aber gelang es mir persönlich ca. 300 solcher wilde [sic] Ehen zur kirchlichen Trauung und zu den hl. Sakramenten zu bringen. Darunter habe ich auch einzelne Rück- und Ueber-
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tritte erreicht. Die pfarramtlichen Bestätigungen liegen im Hochw. Ordinariat, da ich sie seinerzeit eingereicht habe und dann nicht mehr zurück erhielt. In der Pfarrei St. Johann und St. Peter, der beiden grössten Pfarreien habe ich am meisten gearbeitet.
Im Jahre 1922 kam dann der Verein zur kirchlichen Genehmigung, jedoch in einer Weise, wie es für mich meine gänzliche Verstosswung zur Folge hatte.
Dies geschah dadurch, dass von Seite [sic] des Hochw. Ordinariates, eine im grossen Vertrauen stehende Witwe, welche aus einen anderen Verein nach ein par [sic] Jahren dortiger Mitgliedschaft ausgetreten war, in meinen Verein hinein<getan wurde>6 und sie an die Spitze <ge>stellt7, durch welche ich dann zunächst auf die Seite gestellt und dann diese es fertig brachte mich gänzlich zur Ausschliessung zu bringen und somit aus meinem erst jahrelang erkämpften Werke verstossen wurde.
Seit jener Zeit stehe ich nun berufslos, in trostloser Lage der Verstossung, gleichsam auf der Strasse; nachdem ich nun nahezu 10 Jahre meinen Erwerbeberuf verlassen <(>habe<)>8, und für Gott, Glaube und Kirche gearbeitet habe.
Während sich nun fremde in ihrem Berufe freuen, in meinem jahrelang erkämpften Werke, muss ich die Urheberin desselben von Dorf zu Dorf wandern, einer Bettlerin gleich, um Rosenkränze zu verkaufen, aus diesem Erlös mein Fortkommen zu fristen, denn nicht nur dass im Laufe der Jahre die kaufmännischen Berufsverhältnisse ganz anders geworden sind in welchen ich mich ehedem befand, so bin ich im Alter inzwischen bedeutend vorwärts geschritten und dazu noch meine Berufszeugnisse nicht mehr zurück erhalten habe.
Es wird mir kaum zu verübeln sein, wenn mir bei solchen schweren Hausiergängen das Herz oft bitter schwer
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wird, wie ich nun als eine Verstossene in trostloser Lage mich befinde.
Ich habe mir gestattet zur näheren Orientierung über die Sache, den ganzen Hergang zu schildern, so wahr wie ich meine Angaben einmal vor Gott verantworten kann und muss und so weit als schriftlich es möglich ist.
Ich habe mir gestattet zur näheren Orientierung über die Sache, den ganzen Hergang zu schildern, so wahr wie ich meine Angaben einmal vor Gott verantworten kann und muss und so weit als schriftlich es möglich ist.
Ausserdem habe ich mir gestattet, wenn es etwa zweckdienlich wäre, meine Gedanken und Pläne über weiter zu erfassende Arbeitsgebiete, in tiefster Ehrerbietung beizufügen.
Vielleicht liesse sich an Hand derselben eine Möglichkeit finden und eine entsprechende Regelung erreichen.
Dazu könnte vielleicht auch dienen, dass <ich>9 seit ca. 1 1/2 Jahre in einem neuen Laienapostolate mitarbeite, welche vom Hochwürdigsten Ordinariat die Sektenbeobachtung und Bekämpfung aufgetragen erhielt und seit etwa einem Jahre eine Zweigabteilung der kath. Heimatmission geworden ist. Es arbeiten da Damen und Herren mit, welche ihre Erwerbeberufe haben, daher eben auch ich mein Brot nebenbei verdienen muss. Infolgedessen kann natürlich auch entsprechend <">wenig<">10 geleistet werden. Ich muss dabei, sehr viel zu den Adventisten gehen. Diese wenn auch noch so geringfügige wenige Arbeit, half mir doch schon viel darüber hinweg, um nicht ganz zu verzagen.-
Aber zu allen anderen Umständen, ist auch diese <meine>11 Mitarbeitung von dem Leiter, welcher ein Jesuit ist, H. H .P. Mayer, mehr oder weniger nur eine aus Mitleid, weil er weiss in welcher Lage ich dastehe, aber es fehlt noch die offizielle Regelung von Hochw. Ordinariat dazu, insbesondere des Hochw. Herrn Generalvikars, Weihbischof Buchberger. Daher bin ich auch bei der ohnedies nur wenigen Arbeitsmöglichkeit, nicht den anderen gleichgestellt. Ich lebe daher immer in der Angst, ich werde auch wieder hinausgewiesen, wenn ich auch alles tun will, was ich kann, um die Zufriedenheit bzw. das Vertrauen zu erlangen.
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Ich wüsste wirklich nicht wie ich dies nochmal ertragen könnte, ob ich nicht ganz und gar in der Verzagung zusammenbrechen würde.
Meine Hoffnung richtet sich ja dahin, ob nicht eine berufliche Vereinigung daraus noch werden könnte.
Dazu könnten vielleicht dienlich sein, die von mir gedachten Arbeitsgebiete, welche ich noch ehrerbietigst zu unterbreiten wage.
Möchte der liebe Gott mir die Gnade geben, und auch für mich noch die Stunde kommen lassen, <(>in der<)>12 in der ich nach langen, harten Prüfungen auch noch zu einem ersehnten Ziele gelangen werde, wieder ganz und beruflich mein Leben dem lieben Gott, im Dienste der Mission als Schwester widmen darf.

Dazu möge mir die liebe Mutter Gottes und Rosenkranzkönigin von Pompei helfen.
Gelobt sei Jesus Christus.

Anna Herzinger
1 "(" und ")" hds. eingefügt, vermutlich von der Verfasserin
2 "(" und ")" hds. eingefügt, vermutlich von der Verfasserin
3 "(" und ")" hds. eingefügt, vermutlich von der Verfasserin
4 "(" und ")" hds. eingefügt, vermutlich von der Verfasserin
5Hds. eingefügt, vermutlich von der Verfasserin
6Hds. eingefügt, vermutlich von der Verfasserin
7Hds. eingefügt, vermutlich von der Verfasserin
8 "(" und ")" hds. eingefügt, vermutlich von der Verfasserin
9Hds. eingefügt, vermutlich von der Verfasserin
10Anführungszeichen hds. eingefügt, vermutlich von der Verfasserin
11Hds. eingefügt, vermutlich von der Verfasserin
12 "(" und ")" hds. eingefügt, vermutlich von der Verfasserin
Empfohlene Zitierweise
Herzinger, Anna, Kurze Zusammenfassung der Angelegenheit.über meine Gründung des Vereines "kath.Heimatmission" E.V . in Münchenund meine spätere Verstossung daraus. , München vom 25. April 1925, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 18555, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/18555. Letzter Zugriff am: 02.05.2024.
Online seit 24.06.2016.