Dokument-Nr. 5102
Matt, Franz an Pacelli, Eugenio
München, 31. Januar 1924

Abschrift
Hochwürdigster Herr Nuntius!
Euere Exzellenz!
Zu den in den geschätzten Schreiben Euerer Exzellenz vom 29. vor. und 19. ds. Mts. behandelten Punkten und Ihren bei unseren wiederholten Besprechungen geäußerten Wünschen beehre ich mich im Einverständnisse mit dem Herrn Ministerpräsidenten und dem Herrn Staatsminister der Finanzen nachstehende Stellung zu nehmen:
Nach der Auffassung des Hl. Stuhles soll das neue Konkordat zunächst von den beiderseitigen bevollmächtigten Vertretern förmlich abgeschlossen, dann der Genehmigung durch den Bayerischen Landtag zugeführt und schließlich der Austausch der beiderseitigen Ratifikationen vorgenommen werden. Die Bayerische Staatsregierung ist mit dieser Sachbehandlung einverstanden. Der zweite Satz der Einleitung des Gegenentwurfes wird daher zu fassen sein, wie folgt:
"Zu diesem Zwecke haben Seine Heiligkeit Papst Pius XI. zu Ihrem Bevollmächtigten ...
und die Bayerische Staatsregierung zu ihren Bevollmächtigten ...
ernannt, die, nachdem sie ihre beiderseitigen Vollmachten ausgewechselt und für richtig befunden haben, über folgende Artikel übereingekomen sind:"
"A tale effetto Sua Santitià il Sommo Pontefice Pio XI. ha nominato Suo Plenipotenziario ...
ed il Governo di Baviera ha nominato suo Plenipotenziario ...
i quali, scambiati i loro rispettivi Pieni Poteri e trovatili in buona e debita forma, sono convenuti negli articoli seguenti:"
18v
Zu Art. III § 2:
Es besteht Einverständnis, daß ohne Änderung des deutschen Textes im italienischen die Worte "una idonea supplenza" ersetzt werden durch "provvederà senza indugio a che venga supplito nel suo ufficio da altera persona idonea".
Zu Art. X § 1 Buchst. f und g:
Mit Schreiben vom 28. vor. Mts. habe ich das Einverständnis der Bayerischen Staatsregierung erklärt, mit der Anregung Euerer Exzellenz, die Buchst. f und g umzustellen und dem nachgestellten Buchst. f, nun g, eine Verweisung auf den vorangehenden beizufügen. Der Wortlaut des Buchst. g wäre alsdann:
"Für die erzbischöflichen und Bischöflichen Ordinariate, für das Kapitel und das Archiv wird ein geeignetes Gebäude überlassen; für Deckung etwaiger Fehlbeträge der Ordinariatsbedürfnisse gilt Buchst. f entsprechend." "Per la Curia arcivescovile e vescovile, per il Capitolo e l'archivio sarà egualmente destinato un conveniente edificio; per colmare eventuali deficit nelle spese occorrenti alle Curie arcivescovili e vescovili si applica analogamente la disposizione della lettera f."
19r
Zu Art. XIII § 1 Buchst. b:
Bei der Auswechselung der Ratifikationen wird die Bayerische Staatsregierung förmliche Erklärung unter anderm auch dahin abgeben, daß "Absolventen von Realgymnasien und von Oberrealschulen die für das Studium der katholischen Theologie erforderliche Nachprüfung in der griechischen bzw. in der lateinischen und griechischen Sprache sowohl an einem staatlichen öffentlichen Gymnasium wie an einem vom Staate anerkannten Privatgymnasium ablegen können." Soweit für das Hochschulstudium von der einen oder anderen Fakultät für Absolventen von Realgymnasien oder Oberrealschulen Kenntnisse in den klassischen Sprachen gefordert werden, sind die entsprechenden Nachprüfungen in Bayern bereits staatlich vorgeschrieben und geordnet. Die Veranstaltung solcher Prüfungen kann daher nicht den Diözesanbischöfen überlassen werden.

Zu Art.  XIII § 1 Buchst. c:
Die Auffassung des Hl. Stuhles, daß den "deutschen" Hochschulen auch die entsprechenden Hochschulen Österreichs, beispielsweise die Universität Innsbruck, gleichgestellt werden, trifft zu und wurde schon in meinem Schreiben vom 6. März 1923 bestätigt.
Zu Art. XIII § 2:
Um die Unstimmigkeit zwischen der Fassung des Art. XIII § 1 und der bayerischen Praxis in Ansehung der Zulassung von Ordensleuten zu den in der Einleitung des § 1 umschriebenen kirchlichen Verwendungen zu vermeiden, soll entsprechend dem Wunsche Euerer Exzellenz der § 2 Satz 2 noch einen Zusatz erhalten mit folgender Fassung:
19v
"sowie das Recht der Ordenskleriker, ihre philosophisch-theologischen Studien an ihren Ordensschulen nach Maßgabe des Cod. iur. can. c. 1365 zurückzulegen anstelle der in § 1 Buchst. c genannten Anstalten." "coma pure il diritto dei religiosi di compiere gli studi filosofici e teologici nelle scuole del loro istituto a norma del Codice di diritto canonico c. 1365, anzichè in quelle menzionate nel § 1 lettera c."

Zu Art. XIV § 1:
Es kann nicht verhehlt werden, das die aus den Vorschlägen des Hl. Stuhles nach den geschätzten Schreiben vom 29. vor. und 19. ds. Mts. Sich ergebende Fassung den Absichten der Bayerischen Staatsregierung weniger entspricht als die vorher vom Hl. Stuhle selbst vorgeschlagene Fassung, da deren Vertretung im Landtage für die Staatsregierung günstiger gewesen wäre. Art. XIV § 1 wird hiernach folgenden Wortlaut erhalten:
"In der Ernennung der Erzbishöfe und Bischöfe hat der Hl. Stuhl volle Freiheit, bei Erledigung
eines erzbischöflichen oder bischöflichen Sitzes wird das beteiligte Kapitel dem Hl. Stuhle unmittelbar eine Liste von Kandidaten unterbreiten, die für das bischöfliche Amt würdig und für die Leitung der Erledigten Diözese geeignet sind;
20r
Unter diesen wie auch unter den von den bayerischen Bischöfen und Kapiteln je in ihren entsprechenden Triennallisten Bezeichneten behält sich der Hl. Stuhl freie Auswahl vor. Vor der Publikation der Bulle wird dieser in offiziöser Weise mit der Bayerischen Regierung in Verbindung treten, um sich zu versichern, daß gegen den Kandidaten Erinnerungen politischer Natur nicht obwalten."
"La nomina degli Arcivescovi e dei Vescovi spetta in tutta libertà alla Santa Sede. Verificandosi la vacanza di una chiesa arcivescovile o vescovile, il rispettivo Capitolo sottoporrà direttamente alla Santa Sede una lista dei candidati degni dell'ufficio episcopale e idonei a reggere la vacante diocesi, tra i quali, come pure tra quelli suggeriti dai Vescovi
20r
e dai Capitoli bavaresi, nelle rispettive liste triennali, la Santa Sede si riserva libera scelta. Prima della pubblicazione della Bolla la Santa Sede si assicurerà in via ufficiosa presso il Governo bavarese, che contro il candidato non vi sono obiezzioni di ordine politico."

Zu Art. XIV § 2:
Im Hinblick auf die Entstehung der Fassung des Art. XIV § 2
hält die Bayerische Staatsregierung eine weitere Änderung nicht für veranlasst. Äußerstenfalls nur könnte sie unter Ablehnung einer Änderung des deutschen Textes es ohne Erinnerung lassen, wenn in dem italienischen Text die vom Hl. Stuhle gewünschten Worte "salva la comferma a norma" aufgenommen würden.
Zu Art. XIV § 3:
Die Annahme des Hl. Stuhles, das die Bayerische Staatsregierung mit dem Tage des Inkrafttretens des neuen Konkordates vom Gebrauche der Wendung "Übertragung einer Pfründe" statt "Präsentation zu einer Pfründe" absehen werde, ist zutreffend; beruhigende Erklärung in diesem Sinne habe ich bereits unter dem 15. Oktober vor. Js. abgegeben. Die Wendung "Verleihung einer
20v
Pfründe" entspricht der Ministerialpraxis der letzten Jahrzehnte überhaupt nicht.
Es besteht keine Erinnerung gegen die Erfüllung des Wunsches, dass ohne Änderung des deutschen Textes im italienischen Texte
a) nach "i nomi" ergänzt wird "e le notizie personali", sowie dass
b) am Schlusse des § 3 die Worte "in uso" ersetzt werden durch "sin qui usata."
Zu Art. XV § 2:
Gegen die Änderung der Fassung des § 2 im Sinne des Vorschlages des Hl. Stuhles will eine Erinnerung nicht erhoben werden, obschon die dieser Anregung zugrundeliegende Rechtsauffassung der Beurteilung der Rechtslage durch die Bayerische Staatsregierung nicht voll entspricht. Die Angelegenheit erscheint jedoch vom Standpunkte der bayerischen Belange nicht so bedeutsam, dass sie eine genügende Rechtfertigung für eine weitere Verzögerung des Abschlusses der Verhandlungen abgeben würde. Satz 1 des Art. XV § 2 erhält hiernach folgende Fassung:
"Mit dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Konkordates wird das Konkordat vom Jahre 1817 als nicht mehr geltend erklärt." "Coll'entrata in vigore del presente Concordato viene dichiarato decaduto quello dell'anno 1817."

Zu Art. XVI:
Aus den für die Änderung des zweiten Satzes der Einleitung maßgebenden Erwägungen wird nun auch für Art. XVI
21r
eine andere Fassung und zwar folgende vorgeschlagen:
"Die Ratifikationen werden möglichst bald ausgewechselt werden und das Konkordat wird mit dem Zeitpunkte dieser Auswechselung in Kraft treten.
Zur Beglaubigung des Vorstehenden haben die nachgenannten Bevollmächtigten das gegenwärtige Konkordat unterzeichnet".
"Lo scambio delle ratifiche avrà luogo nel più breve termine possibile ed il Concordato entrerà in vigore alla data di questo scambio.


In fede di che i sunnominati Plenipotenziari hanno firmato il presente Concordato."

Das Bayerische Staatsministerium des Äußern wird den Gesandten beim Vatikan zur weiteren Verhandlung über den Ort des Abschlusses des Konkordates und über den Ort des Austausches der Ratifikation anweisen.
Indem ich der Hoffnung Ausdruck gebe, daß mit diesem Schreiben nunmehr alle Differenzpunkte als beglichen gelten könnten, habe ich die Ehre unter erneuter Versicherung der vorzüglichsten Hochschätzung zu zeichnen
Euerer Exzellenz
ec. 1
gez. Dr. Matt.
Staatsminister.
1Hds. von unbekannter Hand ergänzt, vermutlich vom Verfasser
Empfohlene Zitierweise
Matt, Franz an Pacelli, Eugenio vom 31. Januar 1924, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 5102, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/5102. Letzter Zugriff am: 26.04.2024.
Online seit 18.09.2015.