Dokument-Nr. 8581
Bunse, Josef an Pacelli, Eugenio
Barmen, 05. Oktober 1919

Ew. Eminenz
Hochwürdigster Herr Cardinal!
Ich nahe Ew. Eminenz mit einer großen Bitte. Vom 5. – 10. Sept. d. J. war ich in Saargemünd St. Chrétinne, Kreuzstraße, wo eine meiner Schwestern Laienschwester in der Schwesternkongregation ist, deren Mutterhaus St. Chrétinne in Metz, Bischofstraße liegt. Ihre Aufgabe ist Schulunterricht. Die Schwestern dieser Kongregation sind der Mehrzahl nach Französinnen, aber eine große Zahl – ungefähr 250 – sind Deutsche, die sich jetzt alle in Elsass-Lothringen aufhalten. Diese haben ein sehr hartes Leben. Zunächst hat man den deutschen Chorschwestern von der französischen Regierung aus jegliches Unterrichten verboten und ihnen damit ihre Lebensaufgabe genommen. Zudem sind sie in Gefahr ausgewiesen zu werden. Ihre stark französisch gesinnte Generaloberin hat nicht den Willen, eine Niederlassung auf deutschem Boden zu gründen. Mehrere Schwestern, 6 – 8 Chorschwestern und einige Laienschwestern, äußerten mir, sie hätten das Gefühl, man würde sie gerne ziehen lassen, wenn sie die Kongregation verließen. Das hieße aber für die Schwestern in die Welt zurückkehren müssen und obendrein für viele, ohne Unterkunft dastehen [sic]. Nach Ansicht der Schwestern, mit denen ich sprach, wären die unhaltbaren Zustände am besten zu lösen, wenn von Rom aus die deutschen Schwestern die Erlaubnis bekämen, ein eigenes Haus (höhere Mädchenschule, Pensionat oder ähnliches) zu gründen.
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Das Haus müsste aber vom Mutterhaus aus eine Anfangsfundation erhalten.
Ich nahe mich nun Ew. Eminenz mit der Bitte, die Sache zu untersuchen und den Schwestern in ihrer gedrückten Lage beizustehen.
Sollte ich in meinen Angaben Ew. bischöfl. Gnaden falsch orientiert haben, so bitte ich um gütige Nachsicht, da ich nach bestem Wissen und Gewissen berichtete.
Verzeihen, hochwürdigster Herr, dass ich mich als einfacher Mann in die Sache einmischte, aber ich bin seit meinem Besuche von aufrichtigem Mitleid um die armen Schwestern erfüllt. Außerdem haben mich die Schwestern innig gebeten, ich möchte doch auf irgend eine Weise veranlassen, dass von Rom aus die Anordnungen für eine deutsche Niederlassung gegeben würden.
Ich zeichne ergebenst
mit vorzüglicher Hochachtung
Josef Bunse
Drechsler
Empfohlene Zitierweise
Bunse, Josef an Pacelli, Eugenio vom 05. Oktober 1919, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 8581, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/8581. Letzter Zugriff am: 07.05.2024.
Online seit 04.06.2012.