Pro-Memoria Hans Graf Praschmas und Anton Franz Graf Magnis' über die Politik der Zentrumspartei vom Mai 1925

Im Nachgang der Reichspräsidentenwahl, die Paul von Hindenburg am 26. April 1925 im zweiten Wahlgang gegen Wilhelm Marx gewonnen hatte, verfassten die schlesischen Adligen Hans Graf Praschma und Anton Franz Graf Magnis eine Denkschrift über die Zusammenarbeit zwischen Zentrumspartei und Sozialdemokraten (SPD).
Bei der Wahl hatten auf der einen Seite SPD und Deutsche Demokratische Partei (DDP) den linken Zentrumspolitiker und Katholiken Marx, auf der anderen Seite Bayerische Volkspartei (BVP), Deutsche Volkspartei (DVP) und Deutschnationale Volkspartei (DNVP) den konservativen Exmilitär und Protestanten Hindenburg unterstützt. Diese Spaltung sorgte für heftige Diskussionen im politischen Katholizismus. Darüber hinaus kritisierten Rechtskatholiken die Wahl des Sozialdemokraten Otto Braun zum preußischen Ministerpräsidenten am 3. April 1925 mit den Stimmen des Zentrums.
Praschma und Magnis, die beide dem rechten Zentrumsflügel angehörten, übergaben ihre Denkschrift am 22. Mai 1925 in Rom Kardinalstaatssekretär Gasparri. Nach ihrer Rückreise legten sie sie am 19. Juni ebenfalls dem Breslauer Fürstbischof Adolf Kardinal Bertram vor. Eine Abschrift ging auch an den Kölner Erzbischof Karl Joseph Kardinal Schulte.
In ihrer Denkschrift kritisierten die beiden Adligen, dass das taktische, an sich sinnvolle Bündnis, welches das Zentrum während der Novemberrevolution mit der SPD geschlossen hatte, zum Selbstzweck geworden sei. Stattdessen bestehe die Möglichkeit, ein Bündnis mit den Rechtsparteien unter Ausschluss der SPD zu bilden. Ansonsten würden letzten Ende der Sozialismus und schließlich der Bolschwesmus Deutschland erobern. Praschma und Magnis hielten es für aussichtslos, dass die katholischen Gegner der Sozialdemokratie eine neue Partei gründeten oder sich einer anderen Partei anschlössen. Vielmehr sollte der Episkopat katholische Politiker, Journalisten und Geistliche über die Folgen der SPD-freundlichen Politik aufklären.
Bertram gegenüber versicherten die beiden Grafen, dass ihr Anliegen die Unterstützung Gasparris gefunden habe. Der Kardinal ließ sich jedoch nicht beeindrucken und verteidigte die bisherige Zentrumspolitik. Dies tat er auch in einem Schreiben an Pacelli vom 23. Juni 1925 (Dokument-Nr. 1741). Auch Gasparri ergriff trotz seiner Sympathie für die beiden Grafen keine öffentlichkeitswirksamen Schritte, insbesondere weil Marx dem Papst in einer Audienz am 21. Mai 1925 seine Position hatte näherbringen können. Jedoch sandte der Kardinalstaatssekretär Pacelli am 28. Mai 1925 die Weisung, dem deutschen Episkopat die Gefahren des Bündnisses zwischen SPD und Zentrum deutlich zu machen (Dokument-Nr. 1296).
Quellen
Bertram an Pacelli vom 23. Juni 1925; Dokument-Nr. 1741.
Denkschrift Praschmas und Magnis', [vor 21. Mai 1925], in: HÜRTEN, Heinz (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1918-1933, Bd. 1: 1918-1925 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte B 51), Paderborn u. a. 2007, Nr. 319, S. 637-642.
Gasparri an Pacelli vom 28. Mai 1925; Dokument-Nr. 1296.
Literatur
HINKEL, Sascha, Adolf Kardinal Bertram. Kirchenpolitik im Kaiserreich und in der Weimarer Republik (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte B 117), Paderborn u. a. 2010, S. 127-138, hier 133-136.
HÜBNER, Christoph, Die Rechtskatholiken, die Zentrumspartei und die katholische Kirche in Deutschland bis zum Reichskonkordat von 1933. Ein Beitrag zur Geschichte des Scheiterns der Weimarer Republik (Beiträge zu Theologie, Kirche und Gesellschaft im 20. Jahrhundert 24), Berlin 2014, S. 427-439.
Empfohlene Zitierweise
Pro-Memoria Hans Graf Praschmas und Anton Franz Graf Magnis' über die Politik der Zentrumspartei vom Mai 1925, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 1640, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/1640. Letzter Zugriff am: 19.03.2024.
Online seit 29.01.2018, letzte Änderung am 20.01.2020.
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