Protesterklärung des bayerischen Episkopats gegen die Verordnung des Kultusministers
Johannes Hoffmann über den Besuch des Relgionsunterrichts vom 28. Januar 1919,
in: HUBER, Ernst Rudolf / HUBER, Wolfgang (Hg.), Staat und Kirche im 19. und
20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des deutschen Staatskirchenrechts, Bd. 4: Staat und Kirche in der Zeit der Weimarer Republik,
Berlin 21990 ND Darmstadt 2014, Nr. 76, S. 90.
Am 25. Januar (veröffentlicht 27. Jan.) hat eine Verordnung des
Unterrichtsministers den Religionsunterricht für die bayerischen Schulen als Wahlfach
erklärt und dem Belieben der Erziehungsberechtigten anheimgegeben. Von den bayerischen
Bischöfen wird diese neue kulturkämpferische Gewalttat gegen Religion und Kirche aus
rechtlichen und sittlichen, sozialen und erzieherischen Befinden einstweilen in dieser Form
zurückgewiesen. Rechte, die im Konkordat und in der II. Verfassungsbeilage § 38
unserer Kirche in bezug auf den religiösen Volksunterricht eingeräumt werden, sind der
Willkür eines einzelnen Revolutionsministers entzogen. Als unerhörte Anmaßung und als
Eingriff in das innerliche Rechtsgebiet müssen wir es bezeichnen, wenn von der Staatsschule
aus den Eltern oder Vormündern das Recht eingeräumt wird, die Kinder vom Besuch des
Gottesdienstes und "sonstigen religiösen Verpflichtungen", also von streng verpflichtenden
Kirchengeboten zu entbinden. Gewissenskonflitke bei vielen Kindern und einem guten Teil der
Lehrerwelt, Familienstreitigkeiten, endlose Beunruhigung unseres Volkes und zunehmende
sittliche [ein Wort unlesbar] der Jugend sind notwendige Folgen dieser neuen Kampfansage
gegen Religion und Kirche. Nunmehr haben die Eltern das Wort.
Empfohlene Zitierweise
Anlage vom 29. Januar 1919, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 2963, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/2963. Letzter Zugriff am: 24.11.2024.Online seit 04.06.2012, letzte Änderung am 26.06.2019.