Dokument-Nr. 17070

Bertram, Adolf Johannes: Nr. 109. "Hochkirchliche Bewegung.", in: Kirchliches Amtsblatt des Fürstbischöflichen Ordinariats in Breslau, 30. April 1927
Breslau, den 18. April 1927.
Zu verschiedenen Zeiten sind Bestrebungen hervorgetreten, deren Ziel es war, die durch die Glaubensspaltung eingetretene Zerissenheit der Christenheit zu überbrücken durch Schaffung einer religiösen Einigung, innerhalb welcher die einzelnen Konfessionen als gleichberechtigt hingestellt würden, sich als die wahre Kirche Christi zu betrachten.
Bewegungen dieser Art haben, da sie an innerer Unwahrheit leiden, niemand recht befriedigen können; sie haben insbesondere dem Heiligen Stuhle wiederholt Anlaß gegeben, die katholische Lehre von der Einen wahren Kirche Christi mit allem Nachdruck zu betonen. So im Erlasse vom 16. September 1864 an den Episkopat Englands*). Durch diesen Erlaß wurde die 1857 zu London errichtete Societas ad procurandem Christianitatis unitatem zurückgewiesen, welche bekanntlich drei christlichen Gemeinschaften (der römisch-katholischen, der griechisch-schismatischen und der anglikanischen) das gleiche Recht, sich katholisch zu nennen, beilegte, und welche Gebete empfahl um [sic] eine Einigung in dem Sinne, daß bei solcher Union jeder bei seiner Glaubensanschauung bleiben könne, - Bestrebungen, die evident nur dem Indifferentismus zugute kommen und damit das Grab jeder Glaubensklarheit bedeuten.
In gleicher Weise trat der Heilige Stuhl im Schreiben vom 8. November 1865 den Puseyisten entgegen.
Das Verbot, Vereinigungen dieser Art beizutreten, wurde von Papst Benedikt XV. am 4. Juli 1919 erneuert.
In jüngster Zeit versucht eine 1918 gegründete "Hochkirchliche Vereinigung" und bzw. "Hochkirchlich-Ökumenischer Bund" eine Union der römisch-katholischen, evangelisch-protestantischen und orietalisch-schismatischen Konfession anzustreben auf Grundlage der Glaubenslehren der ersten fünf Jahrhunderte unter Leugnung des Jurisdiktions-Primates und der unfehlbaren Lehrautorität des Nachfolgers Petri, - Versuche, die wegen der Falschheit ihrer Voraussetzungen irregehen und selbst von protestantischen Gelehrten als Utopie bezeichnet sind. Vereinzelt haben katholische Schriftsteller sich bewegen lassen, der Einladung zur Mitarbeit an der Zeitschrift dieser Vereinigung "Una sancta" zu folgen.
Wenn auch diese Bestrebungen und diese Zeitschrift nicht überschätzt zu werden brauchen und in unserer Diözese keinen Anklang finden, ist doch nicht ausgeschlossen, daß sie in manchen Kreisen Verwirrung Anrichten, namentlich wenn Tageszeitungen ohne die Abwegigkeit jener Tendenzen beurteilen zu können, Artikel aufnehmen, denen es an klarem Ausdruck der dogmatischen Wahrheit fehlt. Die Teilnahme an jener Vereinigung und die Mitwirkung an der genannten Zeitschrift ist als unerlaubt für Katholiken zu bezeichnen.
Der hochwürdige Klerus wird den Gefahren des Indiferentismus und der Verwirrung in Glaubensfragen am besten entgegenwirken durch wiederholte überzeugende und warmherzige Belehrung des Volkes über die Eine, von Christus gestiftete Kirche, in der Petrus zum Felsen und obersten Hirten bestellt ist, und in der die Göttliche Vorsehung in Petri Nachfolgern und dem mit dem obersten Hirten vereinten Episkopate die untrüglichen Hüter der von Christus geoffenbarten Warheiten gegeben hat.
Erinnert sei an meine wiederholte Mahnung: "Mehr Pietät zur Kirche und zu ihrem Oberhaupte." (Vergl. Hirtenbrief 1920: "Die Kirche unsere Mutter und unsere Hoffnung"; Hirtenbrief 1926: "Mehr Pietät!" und die Predigt auf dem Katholikentage zu Breslau 1926.)
Der Fürstbischof.
A. Kard. Bertram.
*)Vergl. Acta Apostolicae Sedis t. XI, pag. 309 seq.
Empfohlene Zitierweise
Bertram, Adolf Johannes, Nr.109. "Hochkirchliche Bewegung."in: Kirchliches Amtsblatt des Fürstbischöflichen Ordinariats in Breslau vom 30. April 1927, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 17070, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/17070. Letzter Zugriff am: 24.11.2024.
Online seit 25.02.2019.