Document no. 15125
Schäffler, Wilhelm to Pius XI.
Pirmasens, 10 July 1923

Bitte um Unterstützung des Kirchenbaus St. Anton, Pirmasens
Heiligster Vater!
Zu Füßen Ew. Heiligkeit niedergeworfen schütte ich in kindlichem Vertrauen meine Sorgen um die mir seit 1. Mai anvertraute Pfarrei St. Anton in Pirmasens aus.
Meine Pfarrei zählt 7.000 Seelen, nur Schuhfabrikarbeiter, und besitzt für diese vielen nur einen Betsaal, 10 m lang, 7 m breit, 2 ½ m hoch. Dazu leben sie unter ca 20.000 Andersgläubigen. Die religiösen Gefahren sind erschreckend groß. Die meisten, muß ich sagen, sind dem Sozialismus und Kommunismus verfallen, und eine große Unmoral durchzieht einen großen Teil. Aber ein kleiner Stamm ist kirchlich treu und eifrig.
Nichts brauchen wir da nötiger als eine Kirche. Meine
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Pfarrkinder haben bereits angefangen Steine zu brechen und freuen sich schon 1.200 eben beisammen zu haben. Aber wieviel Geld kosten die Steinbrecher! Diese Woche allein müssen wir einen Arbeitslohn von 75.000.000.- Mark aufbringen. Welch unerschöpflich Last, fast zu schwer, sodaß wir uns fragen müssen: Wielange noch können wir die Riesenlasten tragen, und wird nicht das so notwendige Werk abermals hinausgeschoben auf Jahrzehnte, und leiden nicht abermals viele Tausende wegen Mangel einer Kirche Schiffbruch am Höchsten, an Ihrem Glauben?
Voll namenloser Bangigkeit schauen wir nach Hilfe aus, und schauen besonders nach dem Berg, von dem uns gewiß Hilfe kommt, nach jener Höhe, wo unser Heiliger Vater über Seiner Herde wacht. Welche Freude, wenn ich meinen Pfarrkindern sagen kann, Der Heilige Vater selbst hat geholfen! Da kommt neue Freude
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und Begeisterung am Kirchenbau, kommt neue Liebe zur heiligen katholischen Kirche in die wankenden Reihen. Zudem leben wir im teuersten Gebiete der Welt, nahe der französischen Grenze, wo Frankeninhaber die Waren verteuern.
Wir müssen leiden unter der furchtbaren Last des besetzten Gebietes, mit aller Aufregung, allen politischen Leidenschaften, allem seelischen Druck. Ausweisung, Gefängnis, Einziehung des Vermögens haben schon viele brave Glieder meiner Pfarrei getroffen und droht wer weiß noch wen zu treffen. Der Geist der Feindschaft und des Hasses droht jede religiöse Blüte zu vernichten. Ach, wie wie [sic] doppelt nötig möchte ich da meine Pfarrkinder in den Friedensbau einer neuen Antoniuskirche führen und sie da erfüllen mit dem Geist christlicher Feindesliebe, christlichen Völkerfriedens!
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Deshalb bitte ich Ew. Heiligkeit, in Gemeinschaft all meiner 7.000 großen und kleinen, religiösen u. unchristlichen Schäflein uns zu helfen mit einer väterlichen Gabe.
Tausendmal wollen wir Ew. Heiligkeit danken durch unsere Frömmigkeit, unsere Liebe zur heiligen Kirche, unsere Treue zum Statthalter Christi auf Erden.
Ganz besonders bitte ich für mich und meine Schäflein um Ew. Heiligkeit päpstlichen Segen.
Mit dem Ausdruck kindlichster Ehrfurcht verharre ich
als Ew. Heiligkeit gehorsamster
Wilhelm Schäffler,
Pfarrer, St. Anton,
Pirmasens, [Hohenörtelstr.] 4,
Pfalz
Recommended quotation
Schäffler, Wilhelm to PiusXI. from 10 July 1923, attachment, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', document no. 15125, URL: www.pacelli-edition.de/en/Document/15125. Last access: 02-05-2024.
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