Document no. 18929
Schubert, Carl von to Pacelli, Eugenio
Berlin, 21 February 1927
Das Schreiben Ew. Exzellenz an Herrn Vortragenden Legationsrat Meyer-Rodehüser vom 6. Juli v. J. Nr. 35550 hat mir Veranlassung gegeben, die Anregung der Propaganda Fide, ihr für ihre Altbesitzanleihen eine Wohlfahrtsrente zu gewähren, eingehend zu prüfen. Bei dieser Prüfung hat die menschenfreundliche und kulturfördernde über die ganze Welt ausgedehnte Tätigkeit der Propaganda Fide besondere Aufmerksamkeit und Würdigung gefunden. Zu meinem größten Bedauern bestehen indessen für das beteiligte Reichsfinanzministerium schwerwiegende Gründe, die es nicht möglich machen, den Wunsch Eurer Exzellenz zu erfüllen. Die Mittel, die für die Wohlfahrtsrente durch die gesetzgebenden Körperschaften zur Verfügung gestellt sind, sind eng begrenzt. Es wird Euer Exzellenz bekannt sein, daß die Inflationszeit die in Deutschland bestehenden Wohlfahrtseinrichtungen in einen trostlosen Zustand versetzt hat und daß diese Wohlfahrtseinrichtungen infolge Entwertung ihrer Vermögen, die sie durch menschenfreundliche Zuwendungen mühsam in vielen Jahrzehnten angesammelt hatten, nicht mehr imstande waren, ihre hohen Ziele der Menschenliebe und Kulturförderung zu erfüllen. Die deutschen Einrichtungen der Wohlfahrtspflege sind daher in einem Zustande, der ungünstiger ist als der aller anderen Einrichtungen ähnlicher Art in der übrigen Welt. Es scheint daher ein Gebot der Gerechtigkeit zu sein, die beschränkten Mittel, die für den Wieder-
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der Wohlfahrtspflege in der Form der Wohlfahrtsrenten
zur Verfügung stehen, zunächst diesen deutschen Einrichtungen zuzuwenden, zu denen auch die
in Deutschland belegenen Einrichtungen der katholischen kirchlichen Wohlfahrtspflege
gehören. Demgemäß ist auch in § 1 der dritten Verordnung zur Durchführung des
Anleiheablösungsgesetzes (R. G. Bl. 1926 I S. 494) bestimmt, daß
die soziale Wohlfahrtsrente die Träger inländischer Anstalten und Einrichtungen der
kirchlichen Wohlfahrtspflege erhalten. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß Euer Exzellenz
diesen Gedanken verstehen und billigen werden, der sich aus dem Bestreben ergibt, den
Einrichtungen vor allem zu helfen, die einer solchen Hilfe am meisten bedürfen, und benutze
auch diesen Anlaß, um Ihnen, Herr Nuntius, die Versicherung meiner ausgezeichneten
Hochachtung zu erneuern. (gz.) Schubert