Document no. 5024
Hertling, Friedrich Georg Graf von to Pacelli, Eugenio
Berlin, 16 May 1918
Ich kehre soeben aus dem Grossen Hauptquartier zurück, wo Seine Majestät der Kaiser den Besuch Seines österreichisch-ungarischen Verbündeten empfangen hat. Die Ereignisse, die diesem Besuche vorausgegangen sind – die Angelegenheit des sogenannten Sixtus-Briefes und das Bestreben unserer Feinde, zwischen uns und unseren Verbündeten Misstrauen zu säen – sind Euer Excellenz bekannt. Der Besuch des Kaisers Karl hat nun endgültig alles beseitigt, was etwa noch an Verstimmung übrig geblieben war und hat die volle Harmonie zwischen den beiden Monarchen befestigt und gestärkt. Darüber hinaus sind zwischen den beiden Herrschern und den verantwortlichen Leitern ihrer Regierungen Grundzüge und Richtlinien bindend vereinbart worden, deren Zweck es ist, das bestehende Bundesverhältnis zwischen Deutschland und der Donaumonarchie zu vertiefen und für eine lange Zukunft auf politischem, wirtschaftlichem und militärischem Gebiete sicherzustellen. Unsere Feinde haben durch ihre Versuche, uns zu entzweien, das Gegenteil erreicht; das Bündnis zwischen beiden Reichen hat sich, wie aus der Haltung der
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Bevölkerung der Donaumonarchie hervorgeht, recht eigentlich als ein Bund zwischen den beiden
Völkern erwiesen. Ich erblicke in dieser Entwicklung ein starkes Unterpfand für die
Aufrechterhaltung des Friedens nach Beendigung des Weltkrieges und stehe daher nicht an, die
Monarchenzusammenkunft im Hauptquartier als ein Ereignis von großer weltgeschichtlicher
Tragweite zu bezeichnen. Euer Excellenz darf ich bitten, Seiner Heiligkeit und dem Herrn
Kardinal-Staatssekretär eine entsprechende Mitteilung machen zu wollen.Mit dem Ausdruck besonderer Wertschätzung
bin ich
Euer Excellenz
ganz ergebener
Hertling