Document no. 617
Bertram, Adolf Johannes
to Pacelli, Eugenio
Breslau, 23 February 1923
In der Angelegenheit des Professor Wittig in Breslau und seines in "Hochland" erschienenen Artikels "Die Erlösten" dürften folgende Punkte hauptsächlich in Betracht kommen:
1. Ist Wittig bereit, sich dem Lehramte der katholischen Kirche, speziell einer Entscheidung des Heiligen Stuhles zu unterwerfen?
Darüber besteht hier kein Zweifel.
2. Steht seine Lehrauffassung sachlich, inhaltlich im Widerspruch mit der Lehre der katholischen Kirche? oder [sic] ist seine Ausdrucksweise und Darstellungsweise so geartet, dass man als seine eigentliche Auffassung einen Widerspruch mit der katholischen Lehre wohl herauslesen kann, dass er das aber keineswegs beabsichtigt hat, sondern nur eine unglückliche Darstellungsweise zu dieser Auslegung Anlass gibt?
Ein sachlicher Widerspruch zwischen Wittigs Lehre und der katholischen Glaubenslehre müsste stricte nachgewiesen
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werden. Dann müsste formeller Widerruf verlangt werden. Auf den Artikel "Luther redivivus?" zu antworten, ist Wittig's Recht. Je eher diese Antwort erfolgt, desto besser.Dass Wittig in seiner Gabe und Neigung, religiöse Vorgänge im Seelenleben im Plauderton zu behandeln unter belletristischer Zeichnung von Seelenstimmungen und Seelenäusserungen, zu einer Darstellung gelangt ist, die nicht wissenschaftlich klar ist, sondern bedenklich klingt, wird nicht zu bestreiten sein. Um den hieraus entstehenden Consequenzen entgegenzutreten, hat er mit Schreiben vom 21. d. M., von welchem ich Abschrift übersende, eine Erklärung abgegeben. Er spricht sein Bedauern aus über die Unklarheit seiner Darstellung und beteuert seine Treue zur katholischen Glaubenslehre.
Was den sachlichen Inhalt seiner Lehre betrifft, so hoffe ich, dass er das Missverständliche und Anstössige seiner Abhandlung so berichtigt, dass die Zweifel an seiner Rechtgläubigkeit behoben werden.
Einen Austritt aus seiner Stellung als Professor in diesem Augenblicke zu verlangen, wo res nondum liquet, würde
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ein sehr schädliches Aufsehen erregen und wichtigere Interessen der kirchlichen Lage benachteiligen. Daher ist Vorsicht notwendig.In tiefer Ehrerbietung bleibe
Euerer Exzellenz
stets ergebenster
A. Card. Bertram.