TEI-P5
Am 12. September 1921 trat der bayerische Ministerpräsident Gustav Ritter von
Kahr zurück. Vorausgegangen war die Auseinandersetzung zwischen dem Reich und Bayern um die
Zukunft der zahlreichen rechtsgerichteten paramilitärischen Verbände, die sich seit der
Novemberrevolution 1918 insbesondere im Freistadt gebildet hatten. Die Entente hatte am
12. März 1920 die Auflösung sämtlicher solcher Verbände gefordert, doch erst 1921 begann
man in Bayern zu handeln. Die Einwohnerwehren etwa wurden im Juni, das Freikorps "Oberland" im
November des Jahres formell aufgelöst. Die alten Organisationen wurden jedoch de facto in neue
"vaterländische Verbände" überführt, die ihren Vorgängern in der politischen Radikalität
vielfach nicht nachstanden und beispielsweise für den Mord an Kritikern wie dem
USPD-Abgeordneten Karl Gareis verantwortlich waren.
Von Kahr, der die paramilitärischen Verbände stets verteidigt hatte, blieb mit diesen weiter in enger Verbindung. Erst als das Reich nach der Ermordung Matthias Erzbergers vehementer gegen die bayerischen Strukturen vorging und das Republikschutzgesetz vom 29. August 1921 erließ, kam der Ministerpräsident ins Straucheln. Im Gegensatz zu von Kahr war der bayerische Landtag zu einem Kompromiss mit dem Reich bereit. So blieb diesem schließlich nichts anderes übrig, als zurückzutreten. Seine Verbindungen zu den vaterländischen Verbänden bewahrten ihn jedoch vor dem endgültigen politischen Ende.
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Rücktritt des bayerischen Ministerpräsidenten Gustav Ritter von Kahr am 12. September 1921
Von Kahr, der die paramilitärischen Verbände stets verteidigt hatte, blieb mit diesen weiter in enger Verbindung. Erst als das Reich nach der Ermordung Matthias Erzbergers vehementer gegen die bayerischen Strukturen vorging und das Republikschutzgesetz vom 29. August 1921 erließ, kam der Ministerpräsident ins Straucheln. Im Gegensatz zu von Kahr war der bayerische Landtag zu einem Kompromiss mit dem Reich bereit. So blieb diesem schließlich nichts anderes übrig, als zurückzutreten. Seine Verbindungen zu den vaterländischen Verbänden bewahrten ihn jedoch vor dem endgültigen politischen Ende.
Analysis
Entgegen der Hoffnung Pacellis (Dokument Nr. 1994) wurde Gustav Ritter von Kahr, von dem der Nuntius nach wie vor eine hohe Meinung hatte (Dokument Nr. 4140), nicht erneut zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt. Neuer Ministerpräsident wurde am 21. September 1921 Hugo Graf von und zu Lerchenfeld auf Köfering und Schönburg und mit ihm erneut ein Beamter.Bibliography
HÜRTEN, Heinz, Kabinett Lerchenfeld, 1921/22, in: Historisches Lexikon Bayerns, in:www.historisches-lexikon-bayerns.de (Last access: 15.05.2013).
HÜRTEN, Heinz, Revolution und Zeit der Weimarer Republik, in: SCHMID, Alois (Hg.),
Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. 4: Das neue Bayern. Von 1800 bis zur Gegenwart,
Teilbd. 1: Staat und Politik, München 22003, S. 439-498, hier
475 f.
Kabinett Kahr II, 1920/21 (Dieser Artikel ist noch nicht freigegeben), in:
Historisches Lexikon Bayerns, in:www.historisches-lexikon-bayerns.de (Last access: 17.10.2014).
THOSS, Bruno, Einwohnerwehren, 1919-1921, in: Historisches Lexikon Bayerns, in:www.historisches-lexikon-bayerns.de (Last access: 15.05.2013).
Recommended quotation
Rücktritt des bayerischen Ministerpräsidenten Gustav Ritter von Kahr am 12. September 1921, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', keyword no. 13054, URL: www.pacelli-edition.de/en/Keyword/13054. Last access: 03-07-2025.
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