Konkordatsverhandlungen mit Württemberg in der Weimarer Republik

Die Konkordatsverhandlungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Württembergischen Staat wurden von Pacelli und Innenminister Eugen Bolz (Zentrum) ab 1924 aufgenommen, führten aber zu keinem Ergebnis.
In Württemberg zählten die Katholiken trotz einer weitreichenden protestantischen Dominanz ca. 30 Prozent der Bevölkerung. Die Klärung des Verhältnisses von Staat und katholischer Kirche stellte auch hier eine wichtige Aufgabe dar, die die Zentrumspartei, die ab 1919 durchgängig in Regierungsverantwortung stand, verfolgte. 1924 trat das lange umkämpfte "Gesetz über die Kirchen" in Kraft, das gemäß den Vorgaben der Weimarer Reichsverfassung von staatlicher Seite aus das Verhältnis zu den beiden Volkskirchen regelte. Es sah die Aufhebung des staatlichen Kirchenregiments vor und sicherte den finanziellen Fortbestand der Kirchen. Nach Inkrafttreten des württembergischen Kirchengesetzes sah der württembergische Staat kaum mehr Handlungsbedarf in Richtung eines Konkordats. Denn ungeklärt blieb auf katholischer Seite neben der Frage nach der bischöflichen Aufsicht über die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Tübingen nur noch die der Bischofswahl, bei der sich der Staat auch weiterhin eine Einflussnahme ausbat. Hier wurde an die Bestimmungen der beiden Bullen, "Provida solersque" (1821) und "Ad dominici gregis custodiam" (1827) des 19. Jahrhunderts angeknüpft, die zur Gründung des Bistums Rottenburg geführt hatten.
Prägende Gestalt auf Seiten der Württembergischen Regierung war Bolz, der eine ambivalente Haltung einnahm: Einerseits war er als Katholik überzeugt von der Notwendigkeit, die Libertas ecclesiae bewahren zu müssen, andererseits sah er die Notwendigkeit eines Konkordats nur dort gegeben, wo es zu einer weitreichenden Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche kam, was aber aus seiner Sicht in der Koexistenz, wie sie die Weimarer Verfassung vorsah, nicht gegeben war. Außerdem war ihm der Erhalt des Bischofswahlrechts des Domkapitels ein großes Anliegen. Erschwerend kam hinzu, dass sich von protestantischer Seite heftiger Widerstand gegen ein etwaiges Konkordat abzeichnete, was den sozialen Frieden im Land gefährdete.
Pacelli übte ab 1921 über den Rottenburger Bischof Keppler Einfluss auf die württembergische Zentrumsfraktion aus, die versuchen sollte, das Kirchengesetz so lange wie möglich hinauszuzögern, um die Verhandlungsbasis des Heiligen Stuhls für ein Konkordat zu verbessern. Für den Nuntius, der auch in Württemberg versuchte, die Bestimmungen des CIC/1917 betreffend die freie Ernennung der Bischöfe durch den Heiligen Stuhl durchzusetzen, stellte die Haltung der Bistumsleitung in Rottenburg ein weiteres Hindernis dar, da sowohl die Bischöfe Keppler und Sproll als auch das Domkapitel der staatlichen Forderung nach der Bewahrung des Status quo, wie er sich im 19. Jahrhundert etabliert hatte, zuneigten.
Da ein Konkordat mit Württemberg immer unwahrscheinlicher erschien, regte Pacelli 1927 einen Vertrag mit allen Staaten der Oberrheinischen Kirchenprovinz an, doch auch diese Verhandlungsversuche scheiterten.
Bibliography
HAMERS, Antonius, Die Beziehungen zwischen Staat und Katholischer Kirche in Württemberg von 1919 bis 1932 nach Lage der Akten in den Vatikanischen Archiven. Ein Beitrag zur Konkordatspolitik Eugenio Pacellis in Deutschland, in: Römische Quartalschrift 102 (2007), S. 76-140.
SCHWARZMAIER, Hansmartin / SCHAAB, Meinrad (Hg.), Handbuch der Baden-Württembergischen Geschichte, Bd. 4: Die Länder seit 1918, Stuttgart 2003, S. 41-47.
STAUSS, Patrick, "In Stuttgart machen sie eher ein Konkordat mit dem Teufel als mit dem Papst" (Eugen Bolz). Das Scheitern der Pläne für ein württembergisches Landeskonkordat in der Weimarer Zeit, aus den württembergischen Quellen erarbeitet, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 27 (2008), S. 243-264.
WOLF, Hubert, Die Affäre Sproll. Die Rottenburger Bischofswahl von 1926/27 und ihre Hintergründe, Ostfildern 2009.
Recommended quotation
Konkordatsverhandlungen mit Württemberg in der Weimarer Republik, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', keyword no. 10060, URL: www.pacelli-edition.de/en/Keyword/10060. Last access: 21-12-2024.
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