Runderlass Reichsinnenminister Koch-Wesers vom 6. Januar 1921 die Richtlinien für ein Konkordat betreffend
Obwohl Preußen und Bayern sich einem Reichskonkordat gegenüber ablehnend zeigten, stellte Delbrück – teilweise in Rücksprache mit Pacelli – Richtlinien für ein solches Konkordat auf, die neun Punkte umfassten. Zu diesem Zeitpunkt schaltete sich auch das Reichsinnenministerium in die Sondierungen ein, berührte doch das Verhältnis zwischen Reich und Ländern sein ureigenes Ressort. Am 6. Januar 1921 trat Reiohsinnenminister Erich Koch-Weser mit einem Runderlass an die Länder heran. Diesem waren die neun Punkte Delbrücks unter der Überschrift "Richtlinien für das Reichskonkordat" mit der Bitte um Stellungnahme bis zum 24. Januar beigefügt. Die Punkte lauteten:
"1. Alle katholischen Geistlichen, die in Deutschland ein geistliches Amt bekleiden oder eine seelsorgerische oder Lehrtätigkeit ausüben, müssen deutsche Staatsangehörige sein. Das gleiche gilt für die Oberen der geistlichen Orden.
2. Alle katholischen Geistlichen, die in Deutschland ein geistliches Amt bekleiden, müssen das Reifezeugnis eines staatlichen oder staatlich zugelassenen deutschen humanistischen Gymnasiums erworben und mindestens drei Jahre auf einer deutschen Universität, einem deutschen bischöflichen Seminar oder einer von dem zuständigen Bischof als gleichwertig erachteten deutschen Ordensanstalt studiert haben. Das Studium an den Anstalten in Rom wird hierbei angerechnet. Bezüglich der Anrechnung des Studiums auf deutschsprachlichen Anstalten im Ausland werden besondere Grundsätze aufgestellt.
3. Die Domkapitel werden in der bisherigen Weise ergänzt. Soweit der Staat bisher ein Besetzungsrecht hatte, geht dies auf die Domkapitel über.
4. Die Wahl der Bischöfe erfolgt durch die Domkapitel.
5. Die Fragen der Abänderung von Diözesangrenzen werden jeweils Gegenstand besonderer Verhandlungen sein.
6. Die Beibehaltung und Ermöglichung der Neueinrichtung römisch-katholischer Bekenntnisschulen sowie die Erteilung des Religionsunterrichts wird gewährleistet.
7. Grundsätzliche Einigung über die Ablösung der Staatsleistungen an die katholische Kirche.
8. Völlige Freilassung der Ordensniederlassungen entsprechend der Verfassung, jedoch unter Berücksichtigung von 1.
9. Die Kurie verwendet sich dafür, daß die Arbeit deutscher Missionare in den Gebieten der bisher feindlichen Länder keine Beschränkung erfährt. Sollte dies nicht erreichbar sein, so wird sie den deutschen Missionaren Missionsgebiete zuweisen, in denen diese nicht genötigt sind, unter Oberen einer anderen Staatsangehörigkeit zu wirken."
Die "Richtlinien" wurden jedoch insbesondere von Preußen und Bayern abgelehnt, womit diese Initiative zunächst gescheitert war.
Bibliography
DEUERLEIN, Ernst, Das Reichskonkordat. Beiträge zu Vorgeschichte, Abschluß und Vollzug
des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli
1933, Düsseldorf 1956, S. 17-19.
VOLK, Ludwig, Das Reichskonkordat vom 20. Juli 1933. Von den Ansätzen in der
Weimarer Republik bis zur Ratifizierung am 10. September 1933 (Veröffentlichungen
der Kommission für Zeitgeschichte B 5), Mainz 1972, S. 7-9.
Verhandlungen um ein Reichskonkordat in der Weimarer Republik 1919-1922; Schlagwort Nr. 24010.