Religionsedikt in Bayern vom 26. Mai 1818
Es bestätigte die bisher geltende Toleranz- und Paritätsgesetzgebung und beanspruchte die Interpretation der mehrdeutigen Stellen des Konkordats im Sinne des staatlichen Standpunktes. Darüber hinaus wurde eine Reihe von Aufsichtsrechten des Staates wiedereingeführt. Dazu zählten beispielweise das königliche Plazet und der Recursus ab abusu.
Das Konkordat selbst wurde zusammen mit einem "Edikt über die inneren kirchlichen Angelegenheiten der protestantischen Gesamtgemeinde", dem sogenannten Protestantenedikt, am 22. Juli 1818 als Anhang zum Religionsedikt veröffentlicht. Beide waren aber nicht Bestandteil der Verfassung, sondern wurden als einfache Gesetze verkündet. Damit war das Konkordat nur für innerkirchliche Angelegenheiten gültig und gegenüber der Verfassung und dem Religionsedikt subsidiär.
Dagegen erhob sich scharfer Protest der Römischen Kurie und von Teilen des bayerischen Katholizismus. Insbesondere weigerten sich zahlreiche Kirchenmänner, den Eid auf die Verfassung zu leisten, der für alle Bürger vorgeschrieben war. Nach langen Verhandlungen wurde deshalb am 15. September 1821 die Tegernseer Erklärung König Maximilians I. verkündet, nach der sich u.a. der Verfassungseid nur auf bürgerliche Verhältnisse beziehe und niemand gezwungen werden könne, seinem Gewissen und kirchlichen Vorschriften zuwiderzuhandeln.
Diese Erklärung verdeckte den Widerspruch zwischen dem Konkordat und dem Religionsedikt nur oberflächlich und wurde während des 19. Jahrhunderts selbst unterschiedlich interpretiert. Letztendlich richtete sich die Staatspraxis nach dem Religionsedikt. Die katholische Kirche und der bayerische Staat fanden dennoch einen Modus vivendi, auch wenn die Münchener Nuntien stets dazu aufgefordert waren, auf eine Abschaffung des Religionsedikts hinzuarbeiten.
Sources
Das Baierische Religionsedict, in: KREMER-AUENRODE, Hugo von (Hg.), Actenstücke zur
Geschichte des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche im 19. Jahrhundert I/II. Mit
Anmerkungen von Hugo von Kremer-Augenrode, Bd. 1: Die Actenstücke bis zur Enzyclica und
Syllabus vom 8. December 1864, Hildesheim / New York 1976, Nr. 4746,
S. 39-49.
Das Religionsedikt vom 26. Mai 1818, in: HAUSBERGER, Karl, Staat und Kirche nach der
Säkularisation. Zur bayerischen Konkordatspolitik im frühen 19. Jahrhundert,
St. Ottilien 1983, S. 331-344.
Edict über die äußern Rechts-Verhältnisse der Einwohner des Königreichs Baiern, in
Beziehung auf Religion und kirchliche Gesellschaften (Zweyte Beylage zur Verfassungs-Urkunde
des Reichs. Tit. IV. §. 9.) vom 26. Mai 1818, in: Gesetzblatt für das
Königreich Baiern 1818, Sp. 149-180, in: www.historisches-lexikon-bayerns.de (Last access: 25.01.2016).
Edikt über die äußeren Rechts-Verhältnisse der Einwohner des Königreiches Bayern, in
Beziehung auf Religion und kirchliche Gesellschaften, in: HUBER, Ernst Rudolf / HUBER,
Wolfgang (Hg.), Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des
deutschen Staatskirchenrechts, Bd. 1: Staat und Kirche vom Ausgang des alten Reichs bis
zum Vorabend der bürgerlichen Revolution, Berlin 21990 ND Darmstadt 2014,
Nr. 60, S. 128-139.
Bibliography
BÖTTCHER, Hartmut / SEPP, Florian, Staatskirchenhoheit (19./20. Jahrhundert), in:
Historisches Lexikon Bayerns, in: www.historisches-lexikon-bayerns.de (Last access: 25.01.2016).
HAUSBERGER, Karl, Staat und Kirche nach der Säkularisation. Zur bayerischen
Konkordatspolitik im frühen 19. Jahrhundert (Münchener theologische Studien. Historische
Abteilung 23), St. Ottilien 1983.
PATIN, Wilhelm August, Das Bayerische Religionsedikt vom 26. Mai 1818 und seine
Grundlagen. Eine staatskirchenrechtliche Studie, Erlangen 1918.
WEIS, Eberhard, Die Begründung des modernen bayerischen Staates unter König Max I.
(1799-1825), in: SCHMID, Alois (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. 4: Das
neue Bayern. Von 1800 bis zur Gegenwart, Teilbd. 1: Staat und Politik, München
22003, S. 3-126, hier 109-113.