Bayerische Verfassung vom 26. Mai 1818, Teil IV, § 9
Die im Königreiche bestehenden drey christlichen Kirchen-Gesellschaften genießen gleiche bürgerliche und politische Rechte.
Die nicht christlichen Glaubens-Genossen haben zwar vollkommene Gewissens-Freyheit; sie erhalten aber an den Staatsbürgerlichen Rechten nur in dem Maaße einen Antheil, wie ihnen derselbe in den organischen Edicten über ihre Aufnahme in die Staats-Gesellschaft zugesichert ist.
Allen Religionstheilen ohne Ausnahme, ist das Eigenthum der Stiftungen und der Genuß ihrer Renten nach den ursprünglichen Stiftungs-Urkunden und dem rechtmäßigen Besitze, sie seyen für den Cultus, den Unterricht oder die Wohltätigkeit bestimmt, vollständig gesichert.
Die geistliche Gewalt darf in ihrem eigentlichen Wirkungskreise nie gehemmt werden, und die weltliche Regierung darf in rein geistlichen Gegenständen der Religions-Lehre und des Gewissens sich nicht einmischen, als in soweit das Obersthoheitliche Schutz- und Aufsichts-Recht eintritt, wonach keine Verordnungen und Gesetze der Kirchen-Gewalt ohne vorgängige Einsicht und das Placet des Königs verkündet und vollzogen werden dürfen.
Die Kirchen und Geistlichen sind in ihren bürgerlichen Handlungen und Beziehungen – wie auch in Ansehung des ihnen zustehenden Vermögens den Gesetzen des Staates und den weltlichen Gerichten untergeben; auch können sie von öffentlichen Staatslasten keine Befreyung ansprechen.
Die übrigen nähern Bestimmungen über die äussern Rechts-Verhältnisse der Bewohner des Königreichs, in Beziehung auf Religion und kirchliche Gesellschaften sind in dem der gegenwärtigen Verfassungs-Urkunde beygefügten besondern Edicte enthalten."
Sources
Verfassungsurkunde für das Königreich Bayern vom 26. Mai 1818, in: HUBER, Ernst
Rudolf (Hg.), Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 1: Deutsche
Verfassungsdokumente 1803-1850, Stuttgart u.a. 31978, Nr. 53,
S. 155-172, hier 162.