Ermordung Walther Rathenaus am 24. Juni 1922
Als Reaktion auf dieses Verbrechen rückten die verfassungstreuen Kräfte kurzzeitig zum Schutz der Demokratie zusammen. Reichskanzler Joseph Wirth verortete am 25. Juni in seiner Rede vor dem Reichstag die Hauptfeinde der Republik bei der politischen Rechten. Am 21. Juli wurde ein Republikschutzgesetz erlassen und am 24. Oktober die Amtszeit Reichskanzler Friedrich Eberts bis ins Jahr 1925 verlängert, um einen Wahlkampf in der aufgeheizten politischen Atmosphäre zu vermeiden. Auch die politischen Parteien zogen Konsequenzen. So vereinigten sich Unabhängige (USPD) und Mehrheitssozialdemokraten (MSPD) am 24. September 1922 zur Abwehr der Konterrevolution wieder zur VSPD. Auch die Deutsche Volkspartei (DVP) gesellte sich nun zum Schutz von Recht und Ordnung wiederholt zu den Demokraten. Selbst die Führungsgremien der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) distanzierten sich von den antisemitischen Hetzern in den eigenen Reihen.
Der Mord bildete aber auch in anderen Bereichen eine Zäsur. Der von der Tat verursachte Schock ließ den Wert der Mark ins Bodenlose fallen und leitete die Zeit der Hyperinflation ein. Juden zogen sich in der Folgezeit aus Selbstschutz gegen den grassierenden Antisemitismus, aber auch weil die Parteien es vermieden, sie in exponierte Stellungen zu bringen, um nicht in den Ruf einer "Judenpartei" zu geraten, weitgehend von der politischen Bühne zurück.
Bibliography
BÜTTNER, Ursula, Weimar. Die überforderte Republik. 1918-1933, in: BENZ,
Wolfgang (Hg.), Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 18:
20. Jahrhundert (1918-2000), Stuttgart 2010, S. 171-767, hier
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